Denn viele US-Haushalte, die in den vergangenen Jahren ihren Kabelanschluss gekündigt haben – die sogenannten "Cord Cutters" – und damit auch keine Möglichkeit mehr hatten, den Pay-TV-Sender HBO zu sehen, sind auf den Streamingdienst HBO Now ausgewichen, um sich "Game of Thrones" anschauen zu können. Viele von ihnen dürften ihr Abo jetzt erst einmal wieder kündigen.

Für HBO und dessen Mutterkonzern AT&T noch bedenklicher: Bei der Einschätzung der besten Originalprogramme ist HBO Now gegenüber Netflix sogar noch zurückgefallen. Dabei galt HBO in den vergangenen Jahrzehnten immer als der führende Anbieter von Original-Content unter allen US-Fernsehsendern. Dieser Status scheint gerade verloren zu gehen.

Hulu befördert das Cord-Cutting

Bei Hulu zeichnet sich ein gegensätzlicher Trend ab: In den vergangenen Jahren hat der Streamingdienst, der inzwischen zu 100 Prozent zu Disney gehört, in erster Linie auf eingekaufte Lizenzprogramme gesetzt.

So hat Hulu beispielsweise eine ganze Reihe älterer Serien wie "ER", "Lost" oder "30 Rock" erworben, für die zuvor Netflix die Streamingrechte besessen hatte. Eine Studie des Marktforschers 7 Park Data vom vergangenen Jahr hatte denn auch ergeben, dass der Anteil der Streams solcher älteren Lizenzware bei den Hulu-Abonnenten bei 97 Prozent liegt.

Mit diesen Inhalten und angesichts der Tatsache, dass Hulu darüber hinaus ein Live-TV-Streaming-Paket anbietet, treibt Hulu das Cord-Cutting in den USA offensichtlich stärker voran als beispielsweise Netflix. So erklärten in der Studie von Morgan Stanley ein Drittel aller Hulu-Abonnenten, dass sie keinen klassischen Kabelanschluss mehr besäßen. Bei Netflix sind es 27 Prozent und bei den Befragten insgesamt nur 22 Prozent.

Eigenproduzierter Content wie beispielsweise die sehr erfolgreiche Serie "The Handmaid’s Tale" bildet bei Hulu bislang eher die Ausnahme. Und dennoch konnte Hulu sich in der Konsumentenwertung hinsichtlich der besten Originalprogramme auf sechs Prozent steigern und liegt damit jetzt sogar vor Amazon Prime Video. Dies wird sich künftig unter der alleinigen Kontrolle von Disney eher noch intensivieren, indem der Mickey-Mouse-Konzern die Eigenproduktionen forciert und das Portfolio an exklusiven Inhalten weiter ausbaut.

Insgesamt handelt es sich bei der Studie aber nur um eine Momentaufnahme. Noch interessanter dürften die Ergebnisse im kommenden Jahr sein – nach dem Start von Disney+ im November.


Autor: Franz Scheele

Schreibt als freier Autor für W&V Online. Unverbesserlich anglo- und amerikanophil interessieren ihn besonders die aktuellen und langfristigen Entwicklungen in den Medien- und Digitalmärkten Großbritanniens und der Vereinigten Staaten.