Restrukturierung:
Opel stellt die Marke neu auf
Ein Brite trimmt die zunehmend französisch gemanagte Marke Opel auf ihre deutsche Herkunft. Klingt konfus - oder wie das Idealmodell eines neuen Europas.
Die deutschstämmige Automarke Opel gehört mittlerweile zum französischen PSA-Konzern, unter dessen Dach sich auch die Marken Peugeot und Citroën tummeln. Während das deutsche Management nach und nach durch französische Führungskräfte ausgetauscht wird, verkündet der nach wie vor deutsche CEO Michael Lohscheller nun, die Zukunft der Marke Opel sei "deutsch, nahbar, aufregend". Dabei deutet Lohscheller auf eine bevorstehende Designstudie, für die der wiederum britische Chefdesigner Mark Adams verantwortlich zeichnet.
Was ist "deutsch"?
Moment mal: Was heißt eigentlich "deutsch"? Um das Profil der Marke zu schärfen, habe das Design-Team den Begriff "deutsch" in den Mittelpunkt gerückt und weiterentwickelt. Die Designer um Mark Adams haben daraus eine "New Germanness" entwickelt. Ein englischer Begriff für deutsche Realität in einem französischen Unternehmen. Was soll das sein?
Darunter soll man nicht einfach nur ausgezeichnete Ingenieurskunst, technische Innovationen und hervorragende Qualität verstehen. "Alles nach wie vor wichtig für uns", betont Mark Adams. Doch das moderne Deutschland sei viel mehr als die altbewährten Werte. "Wir sind weltoffen, frei und fürsorglich - nennen wir es ruhig menschlich", so Adams und dekliniert als zwei Kernwerte der "New Germanness" die Adjektive "mutig" und "klar".
"Wir schaffen spannenden Formen, die aus der Masse herausstechen", sagt Mark Adams. "Das bezeichnen wir als mutig." Eine zweite Charakteristik deutschen Designs sei "die Intuition und der Fokus auf das Wesentliche", erklärt Adams weiter. "Das meinen wir mit 'klar'".
Idealbild oder Streitobjekt?
Das Ganze klingt wie der Charakter des Idealbilds eines Europäers. Und irgendwie ist das Opel ja auch: Mutter Französin, Vater Deutscher, Onkel Brite, die Arbeitsplätze in Deutschland, Polen, Ungarn, Österreich, Spanien und Großbritannien.
Klingt nach Idylle. Ist es aber nicht. Tatsächlich fängt die Mutter nun an, Härte zu zeigen. Zum 1. August dieses Jahres, genau ein Jahr, nachdem Opel komplett unter das Dach des PSA-Konzerns schlüpfte, bekommt die deutsche Traditionsmarke einen neuen Marketing- und Vertriebschef sowie einen neuen Finanzvorstand. Beide sind Franzosen. Der eine ein Sales-Profi, der andere ein Controller.
Peter Küspert war fünf Jahre lang im Opel-Vorstand für Marketing, Vertrieb und Aftersales verantwortlich. Nach offiziellen Angaben hat er auf eigenen Wunsch gekündigt. Auf ihn folgt Xavier Duchemin. Der Absolvent der Pariser Elite-Hochschule HEC ist seit März dieses Jahres Executive Director Sales für Opel und Vauxhall Europe und arbeitet schon seit 27 Jahren im PSA-Konzern. Frédéric Brunet, der designierte Chief Financial Officer von Opel, war Wirtschaftsprüfer bei PWC, bevor er 2004 zur PSA-Gruppe wechselte.
Für die Beschäftigten des Opel-Werks in Rüsselsheim sind das bedrohliche Nachrichten. Die rund 15.000 Beschäftigten des hessischen Standorts fürchten um ihre Arbeitsplätze, nachdem in den vergangenen Wochen Stellenstreichungspläne durchgesickert waren.
Opels Zukunft ist also eine Mischung aus französischer Wirtschaftseffizienz, deutscher Markentradition und britischer Formensprache. Vorausgesetzt, das Miteinander funktioniert.