
BLM-Lokalrundfunktage:
Radio braucht den menschlichen Faktor
Es muss menscheln im Äther. Moderation, Emotion und Nähe bleiben die Radio-USPs im harten Wettbewerb mit Streamingdiensten. Noch mehr zur Funk-Zukunft gab es auf den BLM-Lokalrundfunktagen in Nürnberg zu erfahren.
"Der menschliche Faktor ist unsere Chance". Das Schlusswort von Harry Landauer vom Funkhaus Regensburg auf einem Panel der diesjährigen BLM-Lokalrundfunktage in Nürnberg könnte fast ein Slogan für das Radio sein. Zwei Tage diskutierten rund 1000 Radiomacher und -Marketer über Chancen und Zukunft des Lokalfunks. Und klar wurde einmal mehr: Es muss menscheln im Äther. Moderation, Emotion und Nähe bleiben die USPs des Hörfunks. Gerade im harten Wettbewerb mit Streamingdiensten und On-Demand-Plattformen. Deshalb der Aufruf an die Branche: mehr Investition in Ausbildung und Jugendförderung.
Ein weiterer Appell, der sich durch die Panels der gesamten Veranstaltung zog, kam vom Keynote-Speaker, dem französischen Radiospezialisten Denis Florent. Er forderte die Sender auf, die digitalen Kanäle stärker zu nutzen. Internet sei gerade für die kleinen, lokalen Sender eine große Chance. Sei es mobil über eine Radio-App oder digital über Netzradio und soziale Netzwerke. Die Sender müssten den digitalen Raum ausnutzen, bevor es andere tun. Denn neben Streamingdiensten wie Pandora oder Spotify beginnen auch Unternehmen zunehmend Audio-Plattformen zu installieren. Ein Beispiel ist dier Musik-App Coca-Cola FM in Südamerika. Das werde Schule machen, so das Panel. Potenzieller Kandidat hierzulande ist sicherlich der Energy-Drink-Hersteller Red Bull. In den USA gibt es von der BBC bereits eigene Streaming-Charts.
"Multiplattform" lautet die Zukunftsstrategie des Hörfunks - auch im Lokalfunk. Die Radiodays Europe hatten den Trend in diesem Jahr in Dublin bereits an internationalen Beispielen aufgezeigt. Auch der BLM-Präsident Siegfried Schneider fordert eine stärkere crossmediale Denke in seiner Eröffnungsrede. Die Inhalte des linearen Programms sollten, angepasst auf die unterschiedlichen Ausspielkanäle, plattformübergreifend funktionieren. Dabei müssten die Inhalte so spannend sein, dass die Nutzer sie mit anderen teilen wollen.
Noch geben sich die Sender allerdings zurückhaltend, wie eine spontane Publikumsbefragung zeigte. Personalisiertes Radio zum Beispiel stößt noch auf wenig Akzeptanz. Die Industrie biete Plattformen an, die der Markt nicht wolle, so ein Argument. Bei einer UKW-Nutzung von 98 Prozent - kein Wunder. Ein Umdenken ist trotzdem angesagt. Entscheidend sind die Inhalte und nicht die Technologie. Auch wenn die Nutzerzahlen noch homöopathisch ains, geht es um die Frage, wie die neuen Möglichkeiten von IP-Radio zusätzlich genutzt werden können. Denn der Trend zu Internet-Radio und On-Demand ist da. Eine Nachlese zum Event finden Sie hier.
Bleibt nur noch die Diskussion um die Übertragung. Während IP-Radio zunehmend durchstartet, tut sich der digitale Übertragungsweg DAB+ noch schwer. Gerade einmal sechs Prozent aller Haushalte in Deutschland verfügen über ein DAB-Empfangsgerät. BLM-Chef Schneider sieht eine ausreichende Versorgung erst mit mindestens 50 Prozent DAB-fähigen Radiogeräten und einer Hörfunknutzung von 25 Prozent gegeben. Damit kritisiert er die vom BR nun offiziell verabschiedete Entscheidung, BR Klassik im Tausch gegen den Online-Jugendsender Puls von UKW ins Digitale zu verschieben. Mehr dazu in der aktuellen Printausgabe der W&V. Abo?