
Verstoß gegen journalistische Standards:
SZ trennt sich von freiem Journalisten
Die Süddeutsche Zeitung hat sich von einem freien Mitarbeiter getrennt. Er hat nach Überzeugung der Chefredaktion in einer Geschichte einen Protagonisten erfunden.

Foto: W&V
Die Süddeutsche Zeitung hat die Zusammenarbeit mit einem freien Mitarbeiter beendet. Er hat nach Angaben des Blatts in einer noch nicht veröffentlichten Geschichte des SZ Magazins" einen Protagonisten erfunden.
Der Autor habe zugegeben, dass Zweifel an der Geschichte berechtigt seien, teilten die Chefredaktionen beider Titel mit. Sie sehen das als "groben Verstoß gegen die journalistischen Standards". Das Branchenportal Meedia hatte darüber berichtet.
Bei der Überprüfung weiterer Texte habe sich herausgestellt, dass "in einer Geschichte des Journalisten fremdsprachige Zitate unsauber wiedergegeben wurden und dadurch Sachverhalte ungenau dargestellt worden sind". Anhaltspunkte für weitere "schwerwiegende Verstöße" gegen die journalistischen Standards der beiden Titel habe es nicht gegeben.
Der freie Journalist soll auch für andere Medien geschrieben haben. Eine Sprecherin der Zeit-Verlagsgruppe erklärte laut "Meedia": "Wir prüfen intensiv alle Texte des freien Mitarbeiters. Dies geschieht unter Mithilfe des Autors, der uns seine Rechercheunterlagen zur Verfügung gestellt hat. Die Prüfung hält noch an. Bislang haben sich alle Orte, Personen und Ereignisse als real erwiesen." Allerdings seien in einem Teil der Texte sachliche Fehler und Ungenauigkeiten aufgefallen.
Auch in Hamburg wird geforscht
Betroffen ist auch das Nachrichtenmagazin Der Spiegel: Der Verlag veröffentlichte eine Stellungnahme, in der es heißt, er sei von der Süddeutschen informiert worden. "Derzeit prüft die Spiegel-Dokumentation die insgesamt 43 Veröffentlichungen. Bisher wurden keine Hinweise auf bewusste Manipulationen festgestellt. In einem Fall ist eine Verifikation nicht möglich, da der Autor persönliche Erlebnisse schildert. Bei rund der Hälfte der Artikel ist die Überprüfung noch nicht beendet. Sollten sich noch Hinweise auf Manipulationen finden lassen, wird der Spiegel nach Abschluss des Prüfvorgangs die Ergebnisse öffentlich machen."
Im Dezember hatte der Spiegel einen schweren journalistischen Betrugsfall im eigenen Haus aufgedeckt und öffentlich gemacht. Dabei ging es um Fälschungen des Reporters Claas Relotius, der zunächst als freier Mitarbeiter und dann als Redakteur für das Nachrichtenmagazin gearbeitet hatte. Von ihm sind dem Spiegel zufolge seit 2011 knapp 60 Texte im Heft und bei Spiegel Online erschienen.
Nach Spiegel-Angaben hat der Journalist in "großem Umfang seine eigenen Berichte gefälscht und Protagonisten erfunden". Die neue Chefredaktion um Steffen Klusmann setzte eine Kommission aus internen und externen Experten ein, die den Fälschungen nachgeht.
Relotius hatte ebenfalls für andere Magazine und Zeitungen gearbeitet - darunter die SZ und die FAS.
Der Verlag Werben und Verkaufen ist eine Tochter des Süddeutschen Verlags. (W&V/dpa)