
Kapitol-Krawalle:
Soziale Netzwerke greifen hart gegen Trump durch
Facebook, Twitter und Youtube haben nach den Unruhen in Washington durch den Sturm auf das Kapitol in einem ungewöhnlich harten Vorgehen Beiträge von US-Präsident Donald Trump gelöscht.

Foto: Unsplash/Charles Deluvio
Facebook, Twitter und Youtube haben nach den Unruhen in Washington Beiträge von US-Präsident Donald Trump gelöscht. Betroffen war unter anderem ein Video, in dem Trump seine Anhänger zwar zum Rückzug aus dem von ihnen gestürmten Kapitol aufrief - aber zugleich abermals seine unbelegten Behauptungen über angeblichen Wahlbetrug wiederholte.
Facebook begründete die Löschung mit der Befürchtung, dass Trumps Botschaft zu weiterer Gewalt führen könnte. Das Netzwerk hatte den abgewählten US-Präsidenten Donald Trump nach der Erstürmung des Kapitols in Washington durch seine Anhänger für 24 Stunden gesperrt. Der scheidende Staatschef habe mit zwei Beiträgen gegen Regeln des Online-Netzwerks verstoßen, sagte ein Sprecher in der Nacht zum Donnerstag unter anderem der Website "Axios". Twitter hatte Trump zuvor für zunächst zwölf Stunden blockiert - und drohte mit einer dauerhaften Sperre, wenn er die Beiträge nicht lösche.
Auslöser für die Sperren war unter anderem ein Video, in dem Trump seine Anhänger zwar zum Rückzug aus dem US-Parlamentsgebäude aufrief - aber zugleich abermals seine unbelegten Behauptungen über angeblichen Wahlbetrug wiederholte. Auch zeigte er Sympathie für die Angreifer: "Wir lieben Euch. Ihr seid sehr besonders."
Vor allem Twitter beschränkte sich bei Trump bisher auf Warnhinweise, weil der Dienst die Beiträge des Präsidenten als geschichtliche Dokumente betrachtet. Jetzt löschte der Dienst nach dem Video umgehend auch einen weiteren Beitrag Trumps, in dem er schrieb: "Das sind Dinge und Ereignisse, die passieren, wenn ein heiliger Erdrutschsieg so unvermittelt und gemein" gestohlen werde. Trumps Anhänger hatten zuvor das Parlamentsgebäude in Washington erstürmt, während die Beratungen zur Bestätigung des Wahlsiegs seines Nachfolger Joe Biden liefen.
Zunächst hatte Twitter beide Beiträge von Trump nur mit Warnhinweisen versehen und deren Verbreitung auf der Plattform eingeschränkt. Tweets, die zu Gewalt führen könnten, können nicht retweetet, beantwortet oder mit einem "Like" versehen werden. Bei Twitter wurden zugleich Forderungen laut, Trump zumindest zeitweise von der Plattform zu verbannen. Facebook und Twitter hatten in den vergangenen Monaten zahlreiche Beiträge Trumps mit Warnungen vor falschen Informationen versehen und zum Teil auch deren Verbreitung eingeschränkt. Der scheidende Präsident warf den Plattformen daraufhin politische Zensur vor.
US-Sängerin Gomez gibt sozialen Netzwerken Mitschuld an Unruhen
US-Popsängerin Selena Gomez (28) hat sozialen Netzwerken wie Facebook, Twitter und Instagram im Zusammenhang mit den Unruhen in Washington vor und im Kapitol eine Mitschuld gegeben. Dies sei "das Ergebnis davon, dass man Menschen mit Hass im Herzen erlaubt hat, Plattformen zu nutzen, die genutzt werden sollten, um Menschen zusammenzubringen", schrieb Gomez auf Twitter.
Dazu markierte sie Führungskräfte der Plattformen und appellierte: "Facebook, Instagram, Twitter, Google, Mark Zuckerberg, Sheryl Sandberg, Jack Dorsey, Sundar Pichai, Susan Wojcicki - ihr alle habt das amerikanische Volk heute im Stich gelassen, und ich hoffe, ihr werdet die Dinge in Zukunft in Ordnung bringen." Bereits zuvor hatte Gomez Facebook angeprangert, weil es gegen Falschinformationen zur Corona-Pandemie nicht konsequent genug vorgehe.
Advertiser pausieren Werbung
Und auch die Werbetreibenden reagieren auf das Chaos in Washington, indem sie ihre bezahlte Werbung in den sozialen Netzwerken pausieren und ihre gesamten Werbeausgaben neu bewerten. "Unsere Perspektive ist, dass es eine sehr brisante Situation ist", sagt Davis Jones, Geschäftsführer der Mediengruppe der unabhängigen Agentur The Many, gegenüber Digiday. "Wir sprechen so viel über die Denkweise der Menschen, wenn sie Werbe-Botschaften erhalten. Wir empfehlen unseren Kunden, mindestens 24 Stunden lang eine Pause einzulegen, um zu sehen, wie sich die Situation entwickelt. Ich habe das Gefühl, dass das Risiko dabei sehr gering ist."
Im vergangenen Jahr haben Werbetreibende enger mit Mediaagenturen zusammengearbeitet, um bezahlte Werbung über verschiedene Kanäle hinweg schnell zu pausieren. Die Erfahrung, dies zu tun - zuerst mit der Coronavirus-Krise und dann die sozialen Unruhen im vergangenen Sommer - hat Vermarkter und Agenturen inzwischen darauf vorbereitet, schnell auf Situationen wie diese zu reagieren. (ak/dpa)
Marken verschieben PR-Starts
Die meisten Marken entschieden sich jedoch dafür, sich erstmal nicht einzumischen. "Mindestens drei große Marken verschoben Marketing-Ankündigungen, die für Donnerstag geplant waren, und PR-Agenturen mussten ihre Kunden erneut beraten, wie sie auf die Nachrichten reagieren sollten", schreiben E.J. Schultz und Garett Sloane von Ad Age. Als der Aufstand im Kapitol im Laufe des Mittwochs eskalierte, war es still Social-Media-Konten der meisten Brands. "Im Jahr 2020 hatten wir leider viel Übung im Umgang mit diesen Störungsmomenten, ob es nun die Pandemie oder verschiedene soziale Unruhen waren", sagt Jeremy Mullman, Partner bei ICF Next. "Die Parole, die wir den Kunden mit auf den Weg gaben, lautete: Entweder du bist hilfreich oder du bist still."