Natürlich müsse die Situation im Ausland berücksichtigt werden, und irgendwann müsse entschieden werden, ob die Veranstaltung stattfinde. "Aber bis dahin wird die japanische Regierung das tun, was getan werden muss", bekräftigte er. Eine Formulierung, die Interpretationsspielraum lässt. Nämlich, wie "The Times" schrieb: Das Ziel der japanischen Führung könnte sein, eine gesichtswahrende Form zur Absage zu finden und sich die Option offen zu halten, später Olympia-Gastgeber zu sein. Frühester Zeitpunkt wäre im Jahr 2032. Für 2024 und 2028 sind die Spiele nach Paris sowie Los Angeles vergeben.

IOC: "Vollständig unwahr"

Umgehend und scharf reagierte das IOC auf "zirkulierende Berichte" zu einem angeblich von der Regierung Japans "privat" beschlossenem Olympia-Aus. "Dies ist vollständig unwahr", hieß es in einer Mitteilung. Zusammen mit den japanischen Partnern und Freunden, sei das IOC voll darauf konzentriert, "erfolgreiche olympische und paralympische Spiele in diesem Jahr in Tokio auszutragen". Bereits am Donnerstag hatte IOC-Präsident Thomas Bach in einem Interview gesagt, keinen Anlass für eine Absage der Spiele zu sehen - und dass es "keinen Plan B" für die Austragung der Spiele gebe.

Auch das Internationale Paralympische Komitee ist überzeugt, dass die Sommerspiele am 23. Juli eröffnet und danach die Paralypmics (24. August bis 5. September) stattfinden werden. "Es besteht kein Zweifel, dass die Spiele in Tokio 2020 ganz anders sein werden als alle vorherigen Spiele und dass die Veranstaltung im Moment noch in weiter Ferne liegt», hieß es in einer Stellungnahme. «Wir glauben aber, dass mit den robusten Maßnahmen und Plänen die Spiele sicher stattfinden werden."

Wegen deutlich gestiegener Coronavirus-Fälle hatte Japans Ministerpräsident Yoshihide Suga in der Vorwoche den Notstand über den Großraum Tokio hinaus auf sieben weitere Präfekturen ausgeweitet. Es gilt ein weitreichendes Einreiseverbot bis 7. Februar. In jüngsten Umfragen hatte sich eine deutliche Mehrheit der Japaner für eine Absage oder erneute Verlegung der Olympischen Spiele ausgesprochen.

Unübersehbare Folgen für den deutschen Sport

Eine Olympia-Absage würde nach Ansicht von Eberhard Gienger unübersehbare Folgen für den deutschen Sport haben. "Eine Absage der Olympischen Sommerspiele in Tokio hätte katastrophale Auswirkungen für die deutschen Athleten, die Sportfachverbände und Vereine zur Folge", sagte der sportpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Der Gesamtschaden könne kaum beziffert werden - unter anderem, weil wichtige Werbepartner für lange Zeit verloren gehen würden oder viele Nachwuchssportler sich langfristig vom Leistungssport abwenden könnten. "Die Sportstrukturen würden geschwächt und die Sportentwicklung in Deutschland nachhaltig gebremst", sagte der 69 Jahre alte einstige Reck-Weltmeister.

Die Vorsitzende des Bundestags-Sportausschusses, Dagmar Freitag, sieht nicht nur die nationale Finanzlage, sondern auch die im Weltsport durch einen Olympia-Ausfall gefährdet. «Es könnte möglicherweise beim IOC und damit für die Nationalen Olympischen Komitees problematischer werden, die in besonderer Weise von den Einnahmen der Spiele abhängen», sagte die SPD-Politikerin. Wenn die Zahlungen an die NOKs reduziert würden, wäre auch der Deutsche Olympische Sportbund betroffen. Der DOSB bekommt vom IOC für eine Olympiade, den Zeitraum von vier Jahren, rund 30 Millionen Euro.

Deshalb drängt der deutsche Tischtennis-Weltpräsident Thomas Weikert darauf, alles für die Austragung der Tokio-Spiele zu tun. "Koste es, was es wolle? Nein, aber bis zum letzten Moment warten und erst absagen, wenn es ein aufgrund tatsächlicher Umstände nicht mehr geht", sagte er. "Ich möchte gern in Tokio sein, aber das ist aktuell offen. Da muss man realistisch sein."