Finnisches Experiment:
TBWA\Helsinki macht Werbung für Konkurrent Sherpa – ohne dessen Wissen
Zum zehnjährigen Jubiläum hat die finnische Agentur Sherpa ihren direkten Konkurrenten TBWA\Helsinki damit beauftragt, eine Anzeige auf Finnlands größtem Wirtschaftsblatt zu schalten. Ohne am Prozess beteiligt zu sein.
Was könnte noch verrückter sein, als das eigene Marketing dem größten Konkurrenten anzuvertrauen? Sich die Kampagne bis zur Veröffentlichung kein einziges Mal anzusehen. Genau das wagt aber die finnische Agentur Sherpa, die am 22. Oktober von einer Anzeige ihres direkten Wettbewerbers TBWA\Helsinki überrascht wird.
Die Anzeige wird anlässlich des zehnten Geburtstages des 23-Mann-Betriebes auf der Titelseite der größten finnischen Wirtschaftszeitung Kauppalehti erscheinen. TBWA\Helsinki hat laut eigenen Angaben völlig freie Hand bei der Gestaltung. Sherpa sei in keinster Weise am Prozess beteiligt und habe bisher auch wirklich keine Ahnung, wie die Anzeige aussehen werde.
Zusammenarbeit statt Konkurrenzkampf
Ein mutiger Schritt, den Sherpas Creative Director und Co-Founder Tommi Kortesniemi folgendermaßen erklärt: "Auch wenn wir mit TBWA\Helsinki um die gleichen Kunden konkurrieren, passt unnötige Konfrontation zwischen Agenturen nicht zu unserer Denkweise. Wir wollen unsere zehnjährige Reise feiern, indem wir neue Brücken für den gesamten Marketingbereich schlagen."
Der Plan die beiden Agenturen näher zusammenzubringen scheint aufgegangen zu sein. Jyrki Poutanen, Chief Creative Officer von TBWA\Helsinki fühlt sich geehrt: "Dies war ein großer Vertrauensbeweis für uns. Es versteht sich von selbst, dass wir unser Bestes tun werden, um dem unkonventionellen Mut Sherpas Respekt zu zollen. Der Ruf unserer talentierten und angesehenen Kollegen bei Sherpa liegt nun in unserer Verantwortung."
Ein Zeichen für Mut und Glauben
Laut Sherpa sind es vor allem die Unternehmenswerte Mut und Glauben, die es der Agentur ermöglicht haben, über die vergangenen zehn Jahre zu wachsen. Daher wolle man mit der wagemutigen Aktion ein entsprechendes Zeichen setzen.
"Natürlich hätten wir Sherpa's Marketing selbst erstellen können, aber wie kann das mutig sein? Einige werden sicherlich denken, dass es verrückt statt wagemutig ist, den Ruf unseres Unternehmens in die Hände eines Konkurrenten zu geben. Aber genau das macht dieses Projekt so inspirierend", findet Kortesniemi.
Poutanen ergänzt: "Außergewöhnlich mag zu milde formuliert sein, um diese Aufgabe zu beschreiben. Merkwürdig ist passender. Um ehrlich zu sein, haben wir eine Weile gebraucht, um zu verstehen, dass wirklich unser Konkurrent uns gerade beauftragt hat. Das Briefing war dennoch mutig und gleichzeitig lustig. Es ist immer toll, an ungewöhnlichen Projekten beteiligt zu sein, die mit Konventionen brechen."