
Tech-Kolumne:
TechTäglich: IFA findet statt – mit echten Menschen
Vor dem Mittagessen die wichtigsten Meldungen des Tages – das ist TechTäglich, die Technik-Kolumne von W&V. Heute mit guten Nachrichten aus Berlin und mit dem Start der Apple-Brille.

Foto: W&V
IFA 2020 findet statt – mit echten Menschen
Seit der CES Anfang Januar in Las Vegas hat keine große Technikmesse mehr vor Ort mit "echten" Besuchern stattgefunden. Vom Mobile World Congress in Barcelona bis zur Spielemesse E3 in Los Angeles – Corona hat alle Terminpläne durcheinandergewürfelt. Nun soll in Berlin von 3. bis 5. September 2020 der Neustart stattfinden. Denn die IFA, eine der größten Technik-Shows weltweit, wird vor Publikum ausgetragen – zumindest laut der aktuellen Planungen, die die Veranstalter jetzt bekannt gegeben haben. "Nach all den Veranstaltungsausfällen der vergangenen Monate braucht unsere Branche dringend diese Plattform, um ihre Innovationen zu präsentieren", erklärt Messechef Jens Heithecker. Allerdings müssen die Macher der einstigen Internationalen Funkausstellung Kompromisse eingehen.
Die Dauer der "IFA 2020 Special Edition" wird auf drei Tage halbiert. Und es sind für jede der vier geplanten großen Veranstaltungen im Rahmen der Messe jeweils nur 1.000 Fachbesucher pro Tag zugelassen. Die gewohnte Publikumsmesse, zu der letztes Jahr noch 245.000 Besucher gekommen sind, kann die IFA in Coronazeiten also nach wie vor nicht sein. Streaming- und Chatangebote sind zwar geplant, damit Technikfans zumindest virtuell dabei sein können. Doch eine reine Online-Veranstaltung, so Jens Heithecker, kommt für Berlin nicht in Frage: "Dabei fehlt die menschlich emotionale Verbindung, die Veranstaltungen wie die IFA Berlin so unglaublich wertvoll machen." Letztes Hindernis für den Start: Falls die Notklinik für Coronakranke in Messehalle 26 Anfang September wider Erwarten benötigt wird, muss die IFA doch ausfallen.
Hoch das Glass! Apple-Brille kommt bis 2022
Bisher ist noch jeder Versuch gescheitert, Datenbrillen als Alternative zum Smartphone oder sogar als Nachfolger zu etablieren. Google mit seinem unseligen "Glass"-Projekt oder Amazon mit seiner wenig populären "Frames"-Brille können davon ein Lied singen. Nun will Apple offenbar spätestens ab 2022 beweisen, dass die Technik doch kein totgeborenes Kind ist. Denn der bekannte Leaker Jon Prosser vom YouTube-Kanal "Front Page Tech" hat angeblich einen Prototypen gesehen. Und er hat zahlreiche Details zur AR-Brille mit Gesten- und Sprachsteuerung ausgeplaudert, die Apple demnach Ende 2021 oder 2022 ab 499 Dollar auf den Markt bringt – in Deutschland also ab 550 bis 600 Euro.
Laut Prosser heißt die Brille schlicht "Apple Glass" und blendet Nachrichten, Mails, Social Media, Anrufe, Stadtpläne und eine Vielzahl anderer Informationen auf beiden Augen direkt ins Sichtfeld des Nutzers ein. Eigenständig ins Internet kann die Brille nicht. Sie benötigt für die Datenverbindung, wie die ersten Generationen der Apple Watch, ein per Bluetooth oder WLAN angeschlossenes iPhone. Optische Gläser sollen im Startpreis nicht inbegriffen sein, sie sind aber gegen Aufpreis verfügbar – im Gegensatz zu einer Sonnenbrille, die vorerst technisch nicht machbar ist. Eine Kamera, so Prosser, ist aus Datenschutzgründen nicht an Bord. Apple ist mit seiner Brille durchaus zuzutrauen, ähnlich wie beim Smartphone und der Smartwatch, bisher gescheiterte Ideen so schlau weiterzuentwickeln, dass ein Erfolg daraus wird. Ob es die Menschen weiterbringt, das Smartphone-Bild künftig direkt vor der Nase zu haben – und damit noch weniger von ihrer Umwelt mitzubekommen – muss die Zukunft zeigen.
Erste Gerichtsverhandlung per Zoom
Weltweit fallen derzeit Gerichtsverhandlungen wegen Corona aus. Um die Justiz nicht noch länger lahmzulegen, fand nun in Texas das wohl erste Verfahren statt, an dem die Geschworenen per Zoom-Videochat teilnehmen konnten. Mehr als zwei Dutzend potenzielle Geschworene wählten sich Anfang der Woche zunächst per Smartphone, Tablet oder Laptop ein und erhielten technische Anweisungen des Richters. Einen Tag später begann dann eine Mediation, in der mithilfe aller Parteien und der Geschworenen versucht wurde, in dem verfahrenen Verfahren um Versicherungszahlungen eine gütliche Einigung zu erreichen.
"Man kann Leute momentan nicht ins Gerichtsgebäude zerren und sie tagelang zusammensitzen lassen", so der Oberste Richter Nathan Hecht gegenüber Reuters. "Es ist einfach zu gefährlich." Auch in anderen US-Bundesstaaten wie Indiana oder Arizona sollen demnächst solche Zoom-Verhandlungen beginnen. David Slayton, Verwaltungsdirektor des Gerichts in Texas, will zunächst testen, wie sich die Technik bewährt: "Wir müssen per Video sicherstellen, dass die Geschworenen aufmerksam bleiben, dass sie nicht parallel online zum Verfahren recherchieren – und dass sie nicht das Geschirr abwaschen oder irgendetwas anderes tun."
Sony bringt Hosentaschen-Kamera für Videoblogger
Sonys brillante Hosentaschen-Kamera RX100 hat ab 2012 ein ganz neues Genre erfunden – die Kompaktkamera mit großem Fotosensor und exzellentem Objektiv, die beinahe an die Bildqualität einer Spiegelreflex herankommt. Mittlerweile gibt es die RX100 in der siebten Generation zum stolzen Preis von rund 1.100 Euro. Und selbst die mittlerweile acht Jahre alte erste RX100 für gut 320 Euro fotografiert bei schlechtem Licht bis heute besser als jedes aktuelle Top-Smartphone. In den letzten Jahren hat Sony vor allem die Videoqualität immer weiter verbessert. Doch zur perfekten Kamera für Filmer und Videoblogger wird die RX100 erst mit dem neuen Modell ZV1, das Sony in einem Tweet für 26. Mai ankündigt.
Laut der Experten von Sony Alpha Rumors wird die ZV1 "der Nachfolger der RX100 VII, gemacht fürs Videobloggen". Zu den neuen Funktionen gehört demnach ein seitlich komplett ausklappbarer Bildschirm, auf dem sich YouTuber, Instagrammer und TikTok-Filmer beim Aufnehmen sehen können. Außerdem sollen ein lichtstärkeres Objektiv (f1.8 – f2.8), ein Zubehörschuh für ein externes Mikrofon und ein extragroßer roter Knopf für Videoaufnahmen an Bord sein. Wie von der RX100 gewohnt, liegt die Videoqualität trotz Hosentaschengröße weit über der Selfie-Kamera von Smartphones. Und Sonys bekannt guter Augen-Autofokus zeigt Videoblogger während der gesamten Aufnahme gestochen scharf, und sorgt trotzdem für den beliebten verschwommenen Hintergrund. Günstiger als die 1.100 Euro der RX100 VII dürfte die ZV1 aber nicht werden.
Mit 90: Weltrekord für die älteste YouTube-Gamerin
Hamako Mori ist mit 90 Jahren nun auch offiziell die älteste YouTube-Gamerin der Welt – dank Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde. Die Japanerin, deren 2015 gestarteten YouTube-Kanal "Gamer Grandma" mittlerweile 270.000 Abonnenten verfolgen, ist begeistert von ihrem Guinness-Eintrag und von ihrem Hobby, das sie seit 39 Jahren pflegt: "Nachdem ich nun schon so lange lebe, glaube ich mehr denn je, dass das Videospielen die richtige Wahl für mich war. Das ist ein Riesenspaß – nicht nur für Kinder."
Die "Gamer Grandma" postet meist jede Woche ein Video. Dabei packt sie neue Konsolen aus oder zeigt ihre Fortschritte bei Lieblingsspielen wie der "Grand Theft Auto"-Serie. Ihre Spielenächte können dabei laut CNN bis zwei Uhr morgens dauern. Und die Videos tragen amüsante Titel wie "Älterer Mensch spielt Elder Scrolls V Skyrim" oder "90-Jährige Großmutter spielt Dauntless". Hamako Mori hat sich im Laufe der Jahre eine beeindruckende Konsolensammlung zugelegt. An ihre älteste Konsole Cassette Vision aus dem Jahr 1981 erinnern sich tatsächlich nur noch ältere (oder sehr alte) Menschen.