Zum einen hat der frühere Tennisstar Boris Becker sich erfolgreich dagegen gewehrt, dass sein Porträt auf einem Testexemplar der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in einer Werbeanzeige zur Einführung dieser Zeitung gezeigt wurde (BGH, Urteil vom 29.10.2009, Az. I ZR 65/07).

Das Gericht befand damals, dass prominente Personen zwar grundsätzlich Berichterstattung über sich ertragen müssen, aber nicht ungefragt (und damit auch unbezahlt) für Werbung eingespannt werden dürfen. Da die Bildnutzung unzulässig war, bekam der Kläger schließlich einen hohen sechsstelligen Betrag als Lizenzschadensersatz, den die Werber am Anfang bestimmt nicht einkalkuliert hatten.

Zum anderen gibt es die bekannte Sixt-Werbung, in der immer wieder aktuelle gesellschaftliche oder politische Ereignisse aufgegriffen und humorvoll verarbeitet werden. Oskar Lafontaine fand es 1999 allerdings gar nicht witzig, dass Sixt mit seinem Konterfei bewarb, dass es auch Dienstwagen für Mitarbeiter in der Probezeit verlease.

Da sich diese Werbung aber inhaltlich mit dem kurz zuvor erfolgten Rücktritt von Lafontaine als Bundesfinanzminister nach nur wenigen Monaten im Amt befasste, wertete der BGH (Urteil vom 26.10.2006, Az. I ZR 182/04) dies als satirische Auseinandersetzung mit einem aktuellen Tagesereignis, wegen der im Rahmen der Interessenabwägung das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen zurücktreten müsse. Die Werbung mit Lafontaines Porträt war zulässig, Lizenzschadensersatz gab es nicht.

Causa Böhmermann - "inhaltlicher Bezug herbeigezwungen"

In diesem Rahmen bewegt sich nun eine aktuelle Entscheidung des OLG Köln (Urteil vom 21.02.2019, Az. 15 U 46/18). Dabei ging es um einen Zeitungstext mit der Überschrift "DVB-T2-Receiver für HD-TV Endlich scharf!", der die Information über den Systemwechsel von DVB-T auf DVB-T2 praktischerweise mit dem Aktionsangebot eines Kooperationspartners zum Erwerb eines passenden Receivers verband – ein Vorgang, den das Gericht völlig zu Recht als Werbung einstufte.

Illustriert war das Ganze mit einem großflächigen Foto, das Jan Böhmermann in seiner Sendung zeigt. Böhmermann wollte die Bildnutzung untersagen lassen, weil er nicht um Erlaubnis gefragt worden war. 

Das OLG Köln lehnte dies – anders als noch die Vorinstanz – jedoch ab. Werbung war der Beitrag wie gesagt, denn es ging bei ihm ersichtlich darum, den angebotenen HD-Receiver zu verkaufen. Also eigentlich – nach dem Becker-Urteil – unzulässig? Nur dann nicht, wenn es sich – mit dem Lafontaine-Urteil – um eine inhaltliche Auseinandersetzung mit einem tagesaktuellen Ereignis handelt.

Nun war Böhmermann zu der Zeit, als die Werbung erschien, gerade wegen des Schmähgedichts auf Erdogan und einer kurz zuvor dazu ergangenen Gerichtsentscheidung kontrovers in allen Medien präsent, einen Anlass mit einer inhaltlichen Befassung hätte es also gegeben. Das OLG Köln erklärte die Bildnutzung in der Werbung für zulässig und wies die Klage ab. Die Begründung (laut Pressemitteilung, die Urteilsbegründung ist noch nicht veröffentlicht): Böhmermann sei ein "scharfer" Satiriker, und mit dem Zusatz "endlich" wolle die Zeitung ihre Wertschätzung ausdrücken. 

Überzeugend ist dies nicht.

Die Überschrift "Endlich scharf!" bezieht sich ziemlich offensichtlich nicht auf das satirische Können Böhmermanns. Zum einen lässt das Gericht die weitere Titelzeile "DVB-T2-Receiver für HD-TV" außer Acht, die deutlich macht, dass es hier nur darum geht, dass das DVB-T-Fernsehbild endlich scharf ist, da jetzt in HD zu sehen.

Auf dem Bildschirm mag dann auch die Sendung des Herrn Böhmermann schärfer zu sehen sein, aber das hat nichts mit deren Inhalten zu tun. Und wieso sollte Böhmermann "endlich" scharf sein? Sein satirisches Wirken hatte sich ja gar nicht verändert, war vorher auch scharf gewesen.

Hier wird ein inhaltlicher Bezug auf Jan Böhmermanns satirische Tätigkeit herbeigezwungen, der dem Durchschnittsleser so gar nicht in den Sinn gekommen wäre. Das Bild des Moderators erregt besondere Aufmerksamkeit, weil der Satiriker zu der Zeit gerade wegen seines Schmähgedichts in aller Munde war. Es weckt deswegen die Neugier des Lesers und lenkt damit die Aufmerksamkeit auf den beworbenen Receiver.

Dies ist die übliche Testimonial-Werbung, aber keine inhaltliche Auseinandersetzung mit der künstlerischen Tätigkeit der abgebildeten Person. Man kann nicht eine umstrittene Persönlichkeit einfach als Zugpferd einspannen, indem man mit der Werbung gleichzeitig ausdrückt, dass man den Menschen toll findet – das tut letztlich jede Testimonial-Werbung.

Wenn das erlaubt wäre, wäre jeglicher ungefragter Prominentenwerbung Tür und Tor geöffnet, und das wäre weder im Sinne der Betroffenen noch auf der Linie der genannten BGH-Entscheidungen.

Christine Libor ist Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht bei FPS Rechtsanwälte in Düsseldorf.


Autor: W&V Gastautor:in

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