Oliver Reichert, CEO Birkenstock

Oliver Reichert, CEO Birkenstock

"Wir werden nicht unsere Seele verkaufen, um die Bilanz aufzumotzen"

Das Gute ist: Wir haben keinerlei wirtschaftlichen Druck. Anders als bei den meisten Unternehmen, bei denen die Line-Extension eine Antwort auf die Verlangsamung des Wachstums im Kerngeschäft ist, vollziehen wir diesen Schritt in einer Phase historisch hohen Wachstums. Wir werden nicht unsere Seele verkaufen, nur um unsere Bilanz aufzumotzen.

Wer ist die Zielgruppe für die Kosmetiklinie?

Wir wissen aus unserer Marktforschung, dass unsere bestehenden Kunden auf die neuen Produkte warten. Das liegt daran, dass viele unserer Kunden sehr nahe bei der Marke sind und ein enges, inniges Verhältnis zu ihr haben. Aber natürlich sprechen wir mit den neuen Produkten auch Verbraucher an, die wir bislang mit unserem bestehenden Angebot nicht erreicht haben, auch solche, die unsere Schuhe regelrecht hässlich finden, aber deren Funktion nicht in Frage stellen. Ich bin sicher, dass wir über die Dehnung der Marke eine ganze Menge neuer Kunden gewinnen.

Braucht denn der Markt noch eine neue Kosmetiklinie? 

Der Naturkosmetikmarkt boomt seit Jahren. Er wächst deutlich stärker als der Handel mit konventioneller Kosmetik. Gleichzeitig ist der Markt aber sehr zersplittert. Es gibt einige größere Anbieter, die meisten davon aus Deutschland, aber keine einzige globale Marke. Es gibt also durchaus Platz für einen Newcomer mit globalen Ambitionen. Natürlich haben wir unser Konzept und unsere Produkte im Vorfeld intensiv getestet. Wir überlassen nichts dem Zufall. Unsere Naturkosmetiksparte hat das Potenzial, in den nächsten Jahren auf die Größe unseres heutigen Kerngeschäfts anzuwachsen.

Haben Sie noch weitere Brand-Extensions in der Pipeline?

Es ist nicht so, dass uns langweilig wäre. Aber ein Thema liegt uns doch sehr am Herzen – Arbeitsmöbel, also Schreibtische und -stühle, die nicht nur sehr gut aussehen, sondern auch richtig was können. Die sucht man heute nämlich vergebens. Da gibt es designgetriebene Möbel ohne großen funktionalen Anspruch oder gesunde Büromöbel, die aber optisch meist nicht sehr ansprechend sind. 

Was uns umtreibt, sind ergonomisch durchdachte Arbeitsmöbel, industriell hergestellt und deshalb erschwinglich, aber in Manufakturqualität aus besten Rohstoffen in bester Verarbeitung gefertigt. Die Pläne dafür liegen bei uns in der Schublade, es gibt auch schon Prototypen. Im Grunde suchen wir nur noch den passenden Partner, um unsere Ideen zur Serienreife zu bringen.

Mehr Beispiele zu Markenerweiterungen sowie Erfolgsstrategien und Flop-Gründe lesen Sie in der aktuellen W&V (Nr. 26 2017).


Autor: Verena Gründel

Verena Gründel ist seit 2024 Host und Director Brand & Communications der DMEXCO. Bis Ende 2024 war sie Chefredakteurin der W&V. Die studierte Biologin und gelernte Journalistin schrieb für mehrere Fachmagazine in der Kommunikationsbranche, bevor sie 2017 zur W&V wechselte. Sie begeistert sich für Digital-Marketing-Erfolgsgeschichten, hat ein Faible für Social Media und steht regelmäßig als Moderatorin auf der Bühne.