Aber lesen Sie selbst, wie die Mediabranche den Printvorstoß beurteilt.

Drei Fragen an Christof Baron, Joint-CEO EMEA Mindshare:

Wie bewerten Sie diesen Vorstoß?

AIM ist im Sande verlaufen. Die Gründe hierfür sind eigentlich nicht so recht nachvollziehbar: Die Krise in Print ist ebenso wenig neu wie die Verschiebung der Marktanteile von Print hin zu TV. Vielmehr ist dies seit über einem Jahrzehnt Realität. Die Probleme sind teilweise hausgemacht durch mangelndes Commitment der Verlage, Langsamkeit, Politik etc.. Last but not least haben auch die enormen Fortschritte in der Werbewirkungsforschung auf Agenturseite dazu geführt, das sich AIM nicht wirklich etablieren konnte. Und letztlich hat ja nicht nur TV den gedruckten Medien Nutzer, Nutzungszeit und Umsatz abgenommen, sondern auch das Internet, welches die Verlage – zum Teil sehr spät – als wichtige Erlösquelle für sich erkannt haben.  Kurzum: Zuerst müssten die Verlage ihre grundlegenden Probleme lösen. Ein neuer Studienansatz mit hohem PR-Effekt allein wird Print nicht wieder zum Fliegen bringen.

Ist diese Studie nützlich für Ihre Arbeit?

AIM konnte sich nicht wirklich etablieren – schauen wir einmal was sich tatsächlich ändert, zumal die beteiligten Partner ja durchaus sehr unterschiedlich aufgestellt sind. Aber das Commitment, welches sie nach außen zeigen, ist schon sehr stark. Mit isolierten Gattungsstudien wird man aber den Krieg nicht gewinnen können. Heute und in Zukunft zählen integrierte Studien, die an der Customer Journey andocken und ganzheitliche Ergebnisse liefern. Der Wert einer Gattung bemisst sich an ihrem medienspezifischen Wirkungsbeitrag in einem sehr komplexen Investitionsmix. Und der „11. Kontakt“ in TV, frei übersetzt wertlose Kontakte, von dem in der Berichterstattung die Rede war, respektive die leidige 14-49 Zielgruppendefinition, die in der realen Planung nie eine Relevanz hatte, waren doch nie die entscheidenden Faktoren, die zu den massiven Investitionssteigerungen in TV führten. Daher muss man abwarten, was letztlich neu sein wird gegenüber AIM.  

Gibt es Aspekte, die Sie in der neuen Initiative vermissen?

Wie gesagt: Hier ist erst einmal Abwarten angesagt, was der Ansatz wirklich Neues bringt. Man möchte mehr Geld in die direkte Forschung geben, schneller und effektiver werden. Das ist schon einmal ein guter Vorsatz, insbesondere aufgrund der Probleme in der Durchsetzung, die es bei AIM gab. Aber es sind – mit Ausnahme von Bauer - die gleichen Verlage, die auch bei AIM schon gewichtige Meinungsführer waren. Ob nun Top Down, ohne Einbindung von Kunden und Agenturen, mehr Akzeptanz erreicht wird, würde ich mit einem dicken Fragezeichen versehen. Für mich stellt sich die Frage, inwieweit die Lücken, die es in der Abbildung bei den Medien in der Vergangenheit gab, nun geschlossen werden, und methodisch Werbewirkungsmodelle und Modellings weiterentwickelt werden.

Und das sagen andere namhafte Media-Entscheider zu Best for Tracking:    

Andreas Bahr, Mitgründer und Geschäftsführer Fluent:

Grundsätzlich begrüße ich jede ernst gemeinte Initiative, die uns hilft, den Wirkungsbeitrag der Medien-Gattungen unter- und zueinander noch besser und genauer abzubilden. Zielsetzung muss es daher sein, dass wirklich alle relevanten Gattungen substantiell abgebildet und analysiert werden. Hier dürfen wir noch gespannt sein, wie das Studiendesign im Detail aussieht und ob dann tatsächlich auch alle relevanten Werbeträger/-kanäle innerhalb der jeweiligen Gattung erfasst sind. Ob den Verlagen es daher gelingt, ohne Einbindung der relevanten anderen Player, alle die Anforderungen zu erfüllen, bleibt abzuwarten. Sicher ist: Es ist der richtige Schritt in die richtige Richtung, aber sicher ist auch, dass es eine weitere Chance nicht geben wird. Jetzt muss man es richtig machen. Ich  plädiere jedenfalls dafür, dass wir uns dann erst mal professionell das Resultat ansehen, bevor wir jetzt schon wieder das mäkeln anfangen.

Boris Schramm, Managing Director Group M:

Generell befürworten wir den Vorstoß der fünf Großverlage und die Tatsache, dass der Heinrich-Bauer-Verlag das Thema Gattungsmarketing so wichtig nimmt, dass er sich den anderen Verlagen (obwohl der Verlag kein VDZ-Mitglied ist) in der Initiative anschließt. Soweit der Presse zu entnehmen war, sind sich die fünf ,Großverlage‘ einig, was die Größenordnung der Investition und die Priorisierung des Themas anbelangt. Wie das genau organisatorisch und inhaltlich aussehen soll, wäre der nächste wichtige Schritt. Solange dies nicht definiert ist, lässt sich von außen auch nur schwerlich beurteilen, wie erfolgreich die Initiative sein kann. Das Thema Werbewirkung hat generell eher noch an Bedeutung gewonnen und der Datensatz der Verlage kann ein wichtiger Beitrag in der Wirkungs­diskussion sein. Wichtig für die Zukunft ist bestimmt, wie praktikabel auf die Daten zugegriffen werden kann und wie marktgerecht die neue Organisation die Forschungsergebnisse im Markt kommunizieren wird.

Cornelia Lamberty, Vorstandsvorsitzende Moccamedia:

Sinnvoll an der Initiative ist definitiv der crossmediale Vergleich, den sie ermöglicht. Quer über alle Gattungen hinweg, kann so die Werbewirkung nachgewiesen werden und es entstehen verlässliche Daten zur Optimierung des Mediamix. Es wird Zeit, dass Print aufholt, was Online längst State-of-the-Art-mäßig beherrscht: das Tracking bzw. eben den Nachweis der tatsächlichen Werbewirkung. Online schafft Transparenz in jedem Teilstep der Werbewirkung beim potentiellen Kunden. Da muss Print aufholen. Insofern: Jeder Vorstoß in dieser Richtung ist auch nützlich für unsere Arbeit. Was ich vermisse: Dadurch, dass die Initiative ausschließlich von den großen Verlagen getrieben ist, wird alles zwar effizienter und schlanker gestaltet. Andererseits fehlen aber an der einen oder anderen Stelle die Sichtweisen und Kompetenzen anderer Akteure; das Ganze ist eben sehr Print-lastig.

Joachim Schütz, Geschäftsführer der Organisation Werbungteibende im Markenverband (OWM):

Eine Bewertung des Projektes können wir nicht vornehmen, da uns keine Detailinformationen zu dem neuen Ansatz vorliegen. Der Fokus der werbenden Unternehmen liegt ohnehin auf gattungsübergreifenden Ansätzen. Die von OWM und OMG initiierte gattungsübergreifende Werbewirkungsplattform wird daher von Kunden und Agenturen gemeinsam mit allen relevanten Gattungen weiter vorangetrieben. Initiativen, die in erster Linie dem Gattungsmarketing dienen und nicht in einen gattungsübergreifenden Ansatz einzahlen, sind für die werbenden Unternehmen meistens irrelevant.

Andrea Malgara, Sprecher Geschäftsführung Mediaplus:

Wir glauben an die Wirkung von Print. AIM war eine gute Grundlage. Ein Ansatz, der dies fortsetzt und vor allem transparent gegenüber dem Markt ist, wäre zu begrüßen. Dazu gehört aber auch, dass es wieder einen Beirat geben sollte, in dem die Marktteilnehmer mitwirken. Das würde sicher die Glaubwürdigkeit aber auch den Nutzwert dieser Studie erhöhen.

Michael Dunke, CEO IPG Mediabrands:

Die Fortführung von Ad Impact Monitor (AIM) durch die Nachfolge-Studie „Best for Tracking“  ist nicht nur als positiv, sondern auch als absolut erforderlich zu werten. Werbewirkung und Webewirkungsnachweise werden auch künftig zentrale Themen für Werbemaßnahmen sein. Sie liefern sowohl uns als auch Werbungtreibenden einen zeitlichen Überblick über die Korrelation von Werbespendings und daraus erzielten Werbewirkungen. Leider lässt die Studie einen holistischen Ansatz durch die Integration aller wichtigen Medienakteure vermissen. Mit Plakat und Funk sind jedoch die ersten Weichen gestellt und es ist davon auszugehen, dass sich weitere Gattungen/Akteure der Initiative anschließen. Sinnvoll wäre es definitiv.

Martin Müller, Geschäftsführer Selektiv Media:

Ich bewerte den Vorstoß enerell positiv. Alles, was möglichst objektive Aussagen zur erzielten Werbewirkung ermöglicht, ist willkommen.Schade um AIM ist es m.E. trotzdem, aber es soll ja gute Gründe gegeben haben, dieses Tool einzustellen.

Thomas K. W. Petermichl, Berater Media Pilot Hamburg:

Der Vorstoß ist sehr zu begrüßen, weil es noch immer keine medienübergreifende Werbewirkungsstudie gibt, die man als Marktstandard bezeichnen kann. Positiv ist, dass die Initiative mit der B4T schon bewiesen hat, dass sie neue und relevante Studien aufsetzen und weiterentwickeln können. Bisher liegen uns jedoch noch keine Details zur neuen Studie vor. Deshalb ist noch unklar, ob die b4t den Stellenwert in der Planung erobern kann, der AIM verwehrt blieb. Was wir uns wünschen, ist eine konsequente Weiterentwicklung von AIM. Das ursprünglich geplante Shift Modell hat es leider nie aus der Planungsphase geschafft. Damit wurde das sehr zu begrüßende Ziel von AIM - die Herleitung des Media-Mixes mit einer allgemein anerkannte Werbewirkungsbasis stärker zu validieren – nicht erreicht. Der Bedarf eines solchen objektiven Simulationsmodells ist daher größer denn je.

Jürgen Lindner, Geschäftsführer Dentsu Aegis Network Germany:

Ich sehe das im Grunde positiv. Es wird nicht einfacher, die Wirkung bemessen zu können, Jeder Schritt, der darauf einzahlt, ist zu begrüßen. Man sollte nicht nur Eigeninteressen diskutieren.

Die Meinungen der Media-Entscheider wurden eingeholt von Thomas Nötting, Katrin Otto, Manuela Pauker, Rolf Schröter, Stephanie Gruber und Jochen Kalka.

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