
Digitale Athleten sponsern:
Wie Marken mit E-Sports ihre Zielgruppe erreichen
Was haben Werder Bremen und die Rapper Farid Bang und Kollegah, was Uli Hoeneß nicht hat? Richtig, ein eigenes FIFA eSports Team. Welches Potenzial dahinter steckt, erklärt W&V-Gastautor Philipp Steuer.

Foto: Hypr
Vorweg - ich liebe FIFA und es ist mir egal, dass ich jedes Jahr 70 Euro dafür ausgebe, dass sich neben ein paar wenigen Anpassungen nur die Jahreszahl am Ende des Videospieltitels ändert. Das sehen mit mir auch noch Millionen andere Spieler so, denn FIFA ist nach wie vor das am häufigsten verkaufte Sportspiel aller Zeiten. Allein 2018 wurden 24 Millionen Kopien weltweit verkauft, hierzulande waren es knapp zwei Millionen Einheiten.
Bei dieser hohen Verkaufszahlen ist es nicht verwunderlich, dass sich rund um das Spiel in den letzten Jahren eine professionelle E-Sport-Struktur aufgebaut hat, inklusive hoher Preisgelder für die besten FIFA Spieler. Alleine 50.000 Euro sackte Mossad "Msdossary" Aldossary dieses Jahr durch seinen Sieg bei der virtuellen FIFA Weltmeisterschaft ein, die auch bei Sport1 online übertragen und kommentiert wurde.
FIFA ist allgemein ein Spiel, über das viele Bundesliga-Vereine den Schritt in den eSport wagen. Schließlich ist es familienfreundlich und deutlich leicht zu vermarkten als die ebenfalls sehr populären Titel CS:GO oder League of Legends.
Hoeneß versteht es nicht
Deshalb haben Vereine wie FC Schalke 04, SV Werder Bremen, VFL Wolfsburg, RB Leipzig oder zuletzt auch der SV Sandhausen ein eigenes Team auf die Beine gestellt. Auch einzelne Fußballer wie Mesut Özil oder Gerard Pique wollen die besten Akteure sponsern, genauso wie die Rapper Farid Bang und Kollegah – wobei ich die letzten beiden Teams eher in den Bereich Marketing-Coup einordnen würde. Nur Uli Hoeneß vom FC Bayern verschließt sich dem Thema komplett, seiner Ansicht nach sollen junge Leute lieber Sport auf dem Trainingsplatz treiben.
In meinen Augen ein klarer Fehler, wenn man ökonomisch denkt, was Uli Hoeneß sonst ja auch nicht fremd ist. So ist seine Aussage mehr als verwunderlich, denn das Sponsoring von eSports Teams (auch fernab FIFA) ist zu einem profitablen Geschäft geworden. Bis zum Jahr 2020 sollen hier bis zu 1,3 Milliarden Umsatz erwirtschaftet werden bei einer interessierten Zuschauerschaft von knapp 400 Millionen Menschen. Laut aktuellen Prognosen steigt diese Zahl bis 2021 auf 550 Millionen. Der FC Schalke ließ sich den Zugang zu dieser Zielgruppe mit den eigenen Team bisher rund 1 Millionen Euro kosten.
Wüstenrot, Warsteiner und McDonald's sind schon dabei
Die große Frage ist: Was bringt es Marken und Teams, E-Sport-Athleten oder ganze Teams zu sponsoren? Die Antwort ist simpel: Zugang zu einer sehr technikaffinen und kaufkräftig Zielgruppe. Nach aktuellen Studien sieht diese im Detail wie folgt aus:
- 20 - 35 Jahre
- höheres Durchschnittseinkommen
- eher männlich, aber die Zahl der weiblichen Fans steigt
- höhere Technikaffinität
- aufgeschlossen gegenüber Marken
Vor allem die Kombination aus Aufgeschlossenheit gegenüber Marken und dem höheren Durchschnittseinkommen machen die E-Sport-Fans zu einer markenfreundlichen Zielgruppe. Wer jetzt nur an Brands aus dem Gaming Sektor wie Razor oder Need4Seat denkt, liegt falsch - Wüstenrot, Warsteiner Alkoholfrei oder auch McDonald’s sind nur ein paar der non-gaming Marken, die z.B. die deutsche Meisterschaft der Electronic Sports League sponsern. Es hilft ihnen dabei, ihrer vielleicht schon eingestaubten Marke neuen Glanz zu verleihen. Wüstenrot konnte z.B. innerhalb einer neunwöchigen Kampagne bestehend aus Videos und Influencer-Kooperationen rund 13 Millionen Impressions verzeichnen und die Bekanntheit der Marke stieg in der Zielgruppe um zwölf Prozentpunkte.
Vorsicht, Falle
Grundsätzlich gelten aber auch in diesem Bereich die gleichen Regeln wie beim Influencer Marketing: Bitte nicht einfach sinnlos Geld verbrennen und einmalig auf das größte Pferd setzen. Auch auf diesem Markt tummeln sich bereits schwarze Schafe, denen es nur um den Profit und weniger um die Etablierung eines neuen starken Branding-Channels geht.
Für eine erfolgreiche Kommunikation bedarf es daher einer Zusammenarbeit mit den jeweiligen Spielern oder gar Team-Managern, die als Gesamtpaket wiederum als gute Markenbotschafter für das Unternehmen stehen sollten. Einfach nur ein Team zu gründen wird 2019 keinen Marketing-Buzz mehr erzeugen. Ebenso sollte es nicht nur ein stumpfes Sponsoring a la "Firmenlogo auf Trikot sein", sondern zu digitalen Strategie passen.
Hierbei kommt es besonders darauf an, sich Gedanken um eine langfristige Zusammenarbeit zu machen, da nur so das Interesse der Zielgruppe bestehen bleibt. E-Sport-Spieler werden von ihren Fans gefeiert, wie Athleten aus herkömmlichen Sportarten. Wer also als Marke den Weg in den E-Sport wagen möchte, sollte hier ansetzen. Was brauchen die Spieler um erfolgreich zu sein? Welche Bedürfnisse haben sie in ihrem Alltag und an welchen Stellen kann die eigene Marke hier ansetzen? Das kann ganz simpel das Sponsoring über einen Getränkehersteller sein, oder aber auch eine Berufsunfähigkeitsversicherung oder vieles mehr. Etwas um die Ecke zu denken kann sich hier durchaus lohnen.
In diesem Sinne: Das Sponsoring von FIFA Teams bzw. der gesamte E-Sports Bereich bietet für die Markenkommunikation komplett fruchtbare Erde mit einer sehr aufgeschlossene Zielgruppe - es liegt ganz allein an den Unternehmen, wie sie das neue gelobte Land betreten.
Der Autor: Philipp Steuer hilft Unternehmen und Personen, digitale Trends zu verstehen und sie in ihre digitale Strategie zu integrieren. Er ist "Attention Manager" beim Berliner Kommunikations-Startup Hypr, schreibt gerne Bücher über digitale Themen, läuft Marathons, podcastet mit seiner Frau und steht auch als Speaker auf der Bühne. Rund 200.000 Follower folgen ihm verteilt über alle sozialen Netzwerke. Auf Twitter ist er unter @philippsteuer zu finden.