Das Problem: Außer dem Online-Fachwirt gibt es bislang fast keine allgemein anerkannte fachspezifische Ausbildung. Aber selbst die Absolventen dieses Ausbildungsgangs müssen „on the job“ noch qualifiziert werden. Schließlich zergliedert sich das Geschäft in viele Spezialdisziplinen, von denen jede eine Wissenschaft für sich ist.

Man kennt dieses Dilemma aus dem klassischen Mediageschäft. Vor rund zehn Jahren gab es auch dort mehr Stellen als qualifiziertes Personal und kaum fundierte Ausbildungsangebote. Die Performance-Agenturen greifen über Trainee-Programme zur Selbsthilfe oder bilden auch selbst aus. Personal, auf das der Markt schon wartet. Denn auch bei den klassischen Media- und Kreativagenturen hat die Digitalisierung die Strukturen und die Jobs verändert.

Das bestätigt auch Nicole Karepin, Director Communication and PR der Düsseldorfer Agenturgruppe Vivaki. „Wir suchen immer wieder Mitarbeiter für Positionen, die es vorher in der Form noch nicht gegeben hat“, so die Unternehmenssprecherin. Aktuell stünden Context-Manager für Social Media hoch im Rekrutierungskurs. Am höchsten sei der Personalbedarf derzeit in den Bereichen Online-Mediaberatung und Performance-Marketing.

Auch Pilot-Geschäftsführerin Petra Kruse weiß ein Lied davon zu singen. „Die Trennung zwischen klassischem und digitalem Mediageschäft hebt sich auf.“ Mediaexperten müssten heute in beiden Bereichen geschult sein, am besten noch mit Grundkenntnissen aus dem Performance-Geschäft. Der Stellenbedarf der Agenturen folgt zwangsläufig dem Budgetverhalten der Werbekunden. Diese verlagern immer stärker ins Online-Marketing um, gleichzeitig wird Social Media immer stärker nachgefragt. Diesen Trend bestätigen auch die Personalberater. Aber ob Social Media, Affiliate-Manager oder Suchmaschinenspezialist – „diese müssen immer größere Branchenkenntnisse und Marketing­erfahrung mitbringen“, sagt Lutz Altmann, Geschäftsführer der Personalberatung Human Caps. Ein Informatikstudium allein ist für die Anforderungen des hochdynamischen Digitalmarkts inzwischen zu wenig. „Heute steht eher ein gesunder Mix aus Internet-Affinität und vor allem Marketing­orientierung im Mittelpunkt“, so der Bonner Consulter.

Was aber sind die besten Voraussetzungen zum Karrie­resprung in die neue Branche der guten Hoffnung? „Um sich in schnell verändernden Umfeldern zu behaupten, bedarf es eines sehr soliden Fundaments an Wissen und Erfahrung, gepaart mit der Fähigkeit, neue Trends und Veränderungen schnell zu begreifen und in das bestehende Gefüge einzuordnen“, erklärt Dwight Cribb, Inhaber der gleichnamigen Hamburger Personalberatung.

Für Lutz Altmann ist eine Marketing- und Vertriebs­orientierung unabdingbar. Und: „Performance ist auch hier gefordert.“ Passende Bewerber fänden sich unter Hochschulabsolventen. „Entscheidend für die Zukunft ist es, bereits in der Schulzeit Medienkompetenz aufzubauen“, so sein Rat. Wo schlummert das größte Job-Potenzial? Da gehen die Einschätzungen der Experten auseinander, denn die Segmente mit hohem Personalbedarf ändern sich laufend. Dwight Cribb sieht im Moment große Nachfrage im E-Commerce-Bereich, „da Großunternehmen aus Handel und Konsumgüterbranche nun das Thema in breiter Masse mit voller Kraft angehen“. Dagegen seien Social-Media-Experten vor drei Jahren absolute Mangelware gewesen, „inzwischen bildet sich ein Equilibrium an Angebot und Nachfrage“, so der Hamburger Berater.
Sollten die Großunternehmen aber in drei bis fünf Jahren professionelle Social-Media-Marketingabteilungen aufbauen, werde der Personalbedarf an Experten „explodieren“.

Fast täglich eröffnen sich neue Horizonte. Treiber ist die Technik. „Chancen ergeben sich beispielsweise durch neue Geschäftsfelder in der Online- und Mobile-Vermarktung“, glaubt Lutz Altmann. So brächten Mobile Devices wie iPhone und iPad speziell für das Medien-Business neue Optionen. Darüber hinaus erhalte das Marketing in den Unternehmen durch Social Networks und Bewertungsportale ein wesentlich vielfältigeres Betätigungsfeld und biete so weitere Jobchancen.

Text: Elke Häberle


Judith Stephan
Autor: Judith Stephan

Sie arbeitet seit über zwanzig Jahren im Redaktionsmanagement der W&V. In ihrer Funktion als Chef vom Dienst ist sie vor allem für die Bereiche Termin-, Budget- und Personalplanung sowie für Autoren und Fortbildung zuständig.