
"Hauptfundament bei ZDF Neo":
ZDF will Jan Böhmermann halten
Das ZDF steht zu Jan Böhmermann - juristisch wie programmlich. Nach dem Erdogan-Schmähgedicht wird an der Vertragsverlängerung gewerkelt.

Foto: ZDF
Das ZDF will die Zusammenarbeit mit seinem Moderator Jan Böhmermann fortsetzen - trotz der ausufernden Affäre um das Erdogan-Schmähgedicht. Das Zweite habe Böhmermann ein Angebot für einen neuen Vertrag unterbreitet, sagte Intendant Thomas Bellut bei der Fernsehratssitzung in Mainz.
Das umstrittene Gedicht, das dem Moderator mehrere hundert Strafanzeigen einbrachte, sei sicherlich "kein gelungener Beitrag" gewesen, so Bellut. Gleichzeitig habe es Jan Böhmermann aber geschafft, "ganz neue Zuschauergruppen" für das ZDF zu gewinnen.
Thomas Bellut betonte, dass das ZDF Böhmermann juristisch unterstützen werde. Derzeit gibt es Gespräche zwischen dem Management von Jan Böhmermann und dem ZDF-Programmdirektor über die Verlängerung des Vertrags, der bis zum 31. Dezember dieses Jahres abgeschlossen ist.
Der Intendant will Jan Böhmermann allerdings weiterhin auf zwei Sendermarken einsetzen - und in erster Linie bei ZDF Neo. Er halte Böhmermann für einen "außerordentlich begabten Moderator und Comedian", der ein Publikum anspreche, das das ZDF sonst nicht so schnell erreiche.
Bellut wörtlich:
"Das Hauptfundament von Jan Böhmermann sehe ich nach wie vor bei ZDF Neo, weil er dort seine Marke nicht aufweichen muss. Er kann so bleiben, wie er ist, und es ist eben eine spitze Zielgruppe, die er damit sehr, sehr gut erreicht, vor allem ein sehr junges Publikum. Wir führen Gespräche mit ihm, ob man da noch etwas mehr machen kann und in welcher Form man ihn auch im Hauptprogramm noch präsentieren könnte."
Um das "Schmähgedicht" des TV-Satirikers und Grimme-Preisträgers über den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan hatte es in den vergangenen Monaten einigen Wirbel gegeben. Böhmermann hatte es in seiner Show "Neo Magazin Royale" im März vorgetragen. Es handelt unter anderem von Sex mit Tieren, Kinderpornografie und transportiert Klischees über Türken.
Die Staatsanwaltschaft Mainz prüft rund 1500 Anzeigen gegen Böhmermann oder ZDF-Verantwortliche wegen Beleidigung und rechnet mit "nicht mehr vielen Monaten" bis zur Entscheidung über eine mögliche Anklage. ZDF-Intendant Bellut sagte: "Das warten wir wirklich gelassen ab." Das Hamburger Landgericht hatte Böhmermann untersagt, große Teile seines Gedichts öffentlich zu wiederholen.
Übrigens: Neue Chefin des ZDF-Fernsehrats ist die Vorsitzende des Rates für nachhaltige Entwicklung, Marlehn Thieme. Die 59- Jährige wurde nach der Konstituierung des neuen Fernsehrats in Mainz mit 36 von 50 Stimmen zur Nachfolgerin von Ruprecht Polenz gewählt. Thieme gehört auch dem Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) an. Sie will sich im Mainzer Sender künftig für Transparenz und "mutige Programminnovationen" für junge Menschen stark machen. Der Fernsehrat kontrolliert das ZDF-Programm.
ps/dpa