Was bleibt also unterm Strich effektiv hängen? Viele, vielleicht sogar zu viele hochkarätige, internationale Speaker aus aller Welt, die dann nicht selten doch nur Phrasen rausgehauen haben. Panel-Teilnehmer, die viel zu häufig mit dem Next Big Thing werben, aber doch nur Digital-Buzzwords aneinanderreihen. Und als Aussteller hat man wieder 1.000 Hände geschüttelt, ist aber über ein paar nette Smalltalks nicht hinaus gekommen. Doch der nachhaltige Kundendialog oder gar das potenzielle Neugeschäft – das kommt angesichts dieses Info-Overkills viel zu kurz. Am Ende gewinnt eben das Casino bzw. die Veranstalter.

Das Kosten-Nutzen-Verhältnis stimmt nicht mehr

Für die Köln Messe mag die Dmexco ein echter High Roller sein, doch als Aussteller droht schnell die Position des Loose Players – viel Einsatz, wenig Gewinnchancen; viele Hände, kaum Business. Das Kosten-Nutzenverhältnis ist aus dem Gleichgewicht geraten. Die Standpreise haben sich vervielfacht. Doch als Aussteller wollen wir nicht für die immense Reichweite zahlen, also die zigtausenden Besucher, sondern für die tatsächliche Business-Relevanz der Teilnehmer. Je größer die Veranstaltung wird, desto schwieriger scheint es, die herzustellen. Das Pflichtgefühl und die leise genuschelte Begründung „Na, ich geh‘ eben hin, weil alle hingehen“ reichen eben nicht mehr aus. Deshalb: zumindest in diesem Jahr ohne uns.

Die Dmexco droht den Fokus zu verlieren, den einen Faden, der alle verbindet: Gäste, Aussteller und Referenten. Jedes Jahr vermittelt ein neues Motto den Eindruck, es gäbe ein übergeordnetes Konzept: Digital is everything – not everything is digital, Bridging worlds, Entering new dimensions. Je größer das Event, desto kleiner der gemeinsame Nenner und desto generischer die Themen. Die Aha-Momente bleiben über weite Strecken aus, denn die Struktur fehlt.

Messen kommen, Messen gehen

Die Veranstalter müssen dringend wieder einen nutzwertigen Rahmen für dieses eigentlich wunderbare Event finden und sie müssen sich mehr um die Belange/Herausforderungen der hiesigen Online-Marketingbranche kümmern und ihnen eine größere Bühne bieten. Und sie müssen endlich wieder ihrer Rolle gerecht werden, reale Branchen- statt Eigenwerbung zu betreiben. Themen gäbe es doch genug: EU-Datenschutznovelle, Adblocker und was ist mit den dringend benötigten Standards im Online-Marketing?

Produkt-Lebenszyklen machen vor Veranstaltungen nicht halt: Ifa, Cebit, Medientage München – sie alle kämpfen wacker, doch haben ihren Peak längst überschritten. Gerade in unserer Branche ist die Dynamik enorm: Binnen weniger Jahre haben es beispielsweise die eher unkonventionellen Online Marketing Rockstars oder auch in München die Bits & Pretzels geschafft, sich schnell Gehör und Relevanz zu schaffen. Die Frage stellt sich drängender denn je: Welchen Platz hat die Dmexco hier für die deutschen Player der Online-Marketingwirtschaft?

Uptdate: Die Konzern-Mutter Group hat inzwischen gegenüber W&V bestätigt, dass die Dmexco-Abstinenz  alle Mediaagenturen der Gruppe betrifft. Neben Mediacom werden auch MEC, Mindshare und Maxus nicht austellen. Lediglich die Digitaltochter Plista ist mit einem eigenen Stand vertreten.

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