Rekordhoch oder -tief?:
Black-Friday-Prognosen: Branchenexperten sind uneins
Die Rabattschlacht kurz vor Weihnachten hat in den vergangenen Jahren viele Fans gewonnen. Doch angesichts knapper Kassen und gedämpfter Kauflust ist ungewiss, ob die Erfolgsgeschichte in diesem Jahr weitergeht.
Eine Flut von Sonderangeboten wenige Wochen vor Weihnachten: Mit diesem Konzept ist der Black Friday in den vergangenen Jahren in Deutschland zu einem der wichtigsten Verkaufstage des Jahres geworden. Im vergangenen Jahr gaben die Verbraucher:innen am Black Friday und dem folgenden Cyber Monday nach Angaben des Handelsverbandes Deutschland (HDE) fast fünf Milliarden Euro aus.
Doch ist angesichts der Inflation und knapper Kassen ungewiss, ob die Aktion Ende November auch in diesem Jahr an die Erfolge anknüpfen kann. Zumal viele Verbraucher:innen fürchten, dass das Angebot diesmal weniger attraktiv sein könnte. Schließlich kämpfen auch die Händler mit steigenden Kosten.
HDE rechnet mit Umsatzrekorden
Optimistisch ist der HDE: Er rechnet gestützt auf eine Umfrage unter 1000 Onlineshopper:innen rund um die Rabatttage mit einem Umsatzrekord von 5,7 Milliarden Euro. Das wären 22 Prozent mehr als im Vorjahr. "Die Wachstumsgeschichte des Black Friday und des Cyber Monday setzt sich auch unter den aktuell schwierigen Rahmenbedingungen und trotz der schlechten Konsumstimmung fort", ist der stellvertretende HDE-Hauptgeschäftsführer Stephan Tromp überzeugt. "Viele Kundinnen und Kunden gehen jetzt erst recht auf Schnäppchenjagd und wollen die Angebote der beiden Tage nutzen."
Die Rabatttage, in diesem Jahr am 25. und 28. November, würden mittlerweile auch gerne genutzt, um nach Weihnachtsgeschenken Ausschau zu halten. Insgesamt könnten dann Geschenke im Wert von 1,7 Milliarden Euro gekauft werden. Der Black Friday fällt in diesem Jahr auf den 25. November, der Cyber Monday auf den 28. November. Doch hat es sich im Handel eingebürgert, auch schon in den Tagen und Wochen vor dem eigentlichen Stichtag mit Sonderangeboten zu locken.
Lieferkettenprobleme bei den Händlern, finanzielle Engpässe bei den Verbraucher:innen
Nicht alle Branchenkenner:innen sind so optimistisch. Der Handelsexperte Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein geht zwar davon aus, dass der Handel zum Black Friday alle Register ziehen wird, um ein schwieriges Jahr zu retten. Doch hat er Zweifel, dass das gelingt. "Alles in allem stehen die Zeichen doch nicht so gut, dass sich dieses Jahr erneut ein Verkaufsrekord einstellt", meint Heinemann - auch weil es weiter Probleme in der Lieferkette gebe.
Skeptisch ist auch der Handelsexperte Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU in Düsseldorf: "Die Menschen wollen wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage ihr Geld zusammenhalten. Das wird auch am Black Friday zu spüren sein. Die Umsätze werden am Ende niedriger sein als in früheren Jahren."
Auch Nina Scharwenka von der Unternehmensberatung Simon-Kucher & Partners ist überzeugt: "Hoffnungen, dass die Verbraucher ihre Ausgaben in Deutschland während der vorweihnachtlichen Aktionstage deutlich erhöhen und die Unternehmen dadurch im bisherigen Jahresverlauf schwächere Verkaufszahlen ausgleichen können, werden wahrscheinlich enttäuscht."
PwC-Prognose rechnet mit so viel Interesse wie im Vorjahr
Grundsätzlich ist das Interesse der Menschen am Black Friday nach wie vor hoch. Nach einer repräsentativen Umfrage der Unternehmensberatung PwC, für die mehr als 2.000 Personen befragt wurden, wollen trotz Inflation und knapper Kassen gut zwei Drittel rund um den Black Friday auf Schnäppchenjagd gehen - so viele wie im Vorjahr.
Doch hat sich ihr Einkaufsverhalten verändert. Einerseits seien die Konsument:innen beim Geldausgeben zurückhaltender, sagt PwC-Handelsexperte Christian Wulff. "Andererseits wollen sie die Sonderangebote rund um den Black Friday 2022 bewusst nutzen, weil sie davon ausgehen, dass sich die Preisspirale weiter drehen wird."
Eigenmarken und gebrauchte Artikel immer gefragter
Knapp 40 Prozent der Schnäppchenjäger:innen wollen der Umfrage zufolge nur das kaufen, was sie benötigen. Jede:r Fünfte will aufgrund der Umstände weniger kaufen. Ähnlich viele Schnäppchenjäger:innen wollen bevorzugt günstige Einzelhändler und Onlineshops aufsuchen oder schauen gezielt nach preiswerten Produkten wie Eigenmarken oder gebrauchten Artikeln.
Rund 40 Prozent der Verbraucher:innen befürchten, dass die Black-Friday-Angebote weniger attraktiv sein werden als in den Vorjahren. Ebenso viele rechnen damit, dass bestimmte Produkte aufgrund von Lieferproblemen nicht verfügbar sein werden. Knapp ein Drittel erwartet, dass sich weniger Händler an der Rabattschlacht beteiligen werden, da auch diese mit steigenden Kosten zu kämpfen haben.
Black-Friday-Angebote im Durchschnitt nur fünf Prozent günstiger
Simon-Kucher zufolge haben sich die Schnäppchenjäger:innen außerdem in diesem Jahr gut vorbereitet. Rund 70 Prozent hätten bereits in den Wochen vor dem Black Friday die Preise der Artikel, für die sie sich interessierten, beobachtet.
Dieses Vorgehen empfiehlt sich wohl tatsächlich. Denn eine Studie des des Preisvergleichsportals Idealo, für die die Preisentwicklung von rund 10.000 Produkten aus 1000 Kategorien analysiert wurde, zeigt: Wirkliche Schnäppchen sind auch am Black Friday rar. Im Durchschnitt waren die Angebote im vergangenen Jahr gerade einmal fünf Prozent billiger als im Monat vor der Aktion. (Erich Reimann, dpa)
Wer sind die Macherinnen und Macher, die 2024 prägen? >>> Hier findest Du die W&V 100 Köpfe 2024.
Wie dich Marketingstrategien und Kampagnen weiterbringen? Jeden Dienstag im Marken-Newsletter >>> W&V Brand Diagnostics