Wer sind Deine Partner und wer sind Eure Kunden?

Plot ist von Andreas Freitag gegründet worden, den sicher einige W&V-Leser kennen. Andreas und ich kennen uns schon lange aus gemeinsamen Razorfish-Tagen. Er war dann in der Geschäftsführung bei Jung von Matt und hat Heimat Hamburg aufgebaut. Neben einigen anderen Kollegen ist sicher vor allem mein Gegenüber am Schreibtisch zu erwähnen: Dr. Nikolas Hill kommt aus einem ganz anderen Bereich, was für unsere Zusammenarbeit besonders spannend ist. Als ehemaliger Hamburger Staatsrat hat er maßgeblich an der Realisierung der Elphi mitgewirkt und war zuletzt für die Olympiabewerbung der Hansestadt verantwortlich. Plot wird derzeit aus San Francisco und Hamburg gemanagt. An weiteren Standorten finden wir gerade die richtigen Leute. Aufgrund unserer Aufgabenstellung kann ich über unsere Bestandskunden nicht viel sagen. Nur so viel: Das macht als nächster beruflicher Schritt gerade richtig Spaß und fühlt sich nach 20 Jahren in Agenturen inhaltlich sehr richtig an.

Um welche weiteren Standorte geht es konkret?

Da sind noch einige Fragen zu klären. Da sprechen wir besser drüber, wenn diese Prozesse abgeschlossen sind.

Ist Deine Auseinandersetzung mit der "Achse des Guten" und Dein NGO-Projekt ein Thema im Kundenkontakt? Wie oft wirst Du im Job darauf angesprochen?

Die "Achse des Guten" hat sich ein Thema zu Eigen gemacht, das überhaupt nicht ihres war. #KeinGeldFürRechts hatte fast gar nichts mit diesem Blog zu tun, auch wenn es das Medium für eine kurze Zeit schaffte, die entsprechende Illusion zu erzeugen. Die Grundaussage, die ich damals wie heute vertrete, ist simpel: Durch den digitalen Wandel hat es an vielen Punkten einen Kontrollverlust gegeben. Die großen Tech-Konzerne dieser Welt haben z.B. mit Programmatic Advertising Unternehmen ein sehr effizientes Tool an die Hand gegeben. Zu sehr wurde dieses Tool aber zum Outsourcen jeder Verantwortung über die Distribution von Online-Werbung eingesetzt. Man zeigt auf Google, erwartet zu Recht dass die eigene Marke in “sicheren Umfeldern” erscheint und dann glaubt man, sich nicht weiter mit der Frage nach “Markensicherheit” befassen zu müssen. Aber zwischen hart illegal und super markenadäquat gibt es noch einige Graustufen, um die sich Marken deutlich zu wenig kümmern. Das ist ein sehr großer Fehler. Übrigens ist es eine klassische Führungsfrage und nicht etwa Mediahandwerk. Wohlgemerkt: Diese Frage ist nicht alleiniger Daseinszweck meiner neuen Rolle. Aber “Brand Safety” muss zweifelsohne eine Führungsfrage in unserer Branche werden. Dieses Thema wollen und werden wir treiben. Denn nach wie vor gilt: Wenn ich Vertretern einzelner Marken zeige, wo ich ihre Banner überall finde, kommen die aus dem Staunen nicht mehr raus.

Staunen die dann nur oder tun die auch was?

Gute Frage. Was sollen sie denn tun? Für Marken kann die Lösung doch nicht mehr ernsthaft nur im Reagieren auf Shitstorms liegen, um dann mit Schreck geweiteten Augen wieder festzustellen, wo der eigene Banner gelandet ist. Gleich, was eine Marke vorhat: Sie sollte die Kontrolle über die eigene Distribution wiedererlangen. Das ist ihr Job, ein Akt der Marken-Souveränität und nicht Aufgabe von Google oder Facebook. Es gibt ein Recht auf Meinungsfreiheit. Aber die Frage, wo Media-Budgets hinlaufen, sollten eigentlich die Unternehmen immer noch selber treffen. Die Herausforderung besteht nicht in punktuellen Korrekturen am Mediaplan. Es geht um die Frage, wie die, die Marken führen, in Zeiten des Kontrollverlusts eben diese Kontrolle zurückerlangen. Darum geht’s.

Wenn Du auf die vergangenen 8 Monate zurückblickst: Was würdest Du heute anders machen?

Die Frage stellt sich nicht. Natürlich hätte ich an bestimmten Punkten schlauer, präziser oder schneller mit irgendwas sein können. Aber als Mensch, der ich bin, habe ich eine sehr umstrittene These aufgestellt, die mir anfangs sehr viel Stress bereitete, deren Relevanz und Wert aber im Laufe vieler Gespräche nur größer geworden ist. Auch wenn das letzte halbe Jahr persönlich bequemer hätte verlaufen können, bin ich super zufrieden mit meinen Entscheidungen, mit vielen neuen Kontakten und einer irrsinnigen Lernkurve, die man als 41-jähriger Mann ja auch nicht oft in dieser Form hat. Klingt blöd: Aber ich kann und weiß jetzt so viel mehr als noch vor acht Monaten. Das geht nicht ohne Fehler machen. Das geht auch nicht ohne Stress. Rückgängig machen würde ich es nicht mehr, selbst wenn ich könnte. Warum auch?

Rückblick: Das W&V-Interview mit Gerald Hensel im Januar 2017 - "Jetzt geht es ums Bessermachen"