Interview mit Leagas Delaney:
Hermann Waterkamp: "Agenturen müssen agiler arbeiten, wollen sie bestehen"
Die Hamburger haben 2017 knapp zehn Prozent Honorarumsatz eingebüßt. Leagas Delaney spricht von einem Einmaleffekt, weiß aber, dass sie im schwierigen Umfeld agieren. Die Agentur stellt sich neu auf.
BIG 72. Jedes Jahr erheben W&V, Horizont und GWA gemeinsam den Umsatz Deutschlands inhabergeführten Agenturen. (Mehr dazu im nächsten Heft). Die Serviceplan-Gruppe hat 2017 erneut am besten abgeschnitten. Und Jung von Matt wächst wieder. Nicht alle Agenturen stehen allerdings so gut da wie die beiden; das Wachstum stagniert bei 7,39 Prozent (Vorjahr: 6,58 Prozent). Die Klassiker verlieren - unter ihnen Leagas Delaney in Hamburg. W&V hat Hermann Waterkamp, Gründer und Kreativchef der Agentur, deshalb zum Interview gebeten.
Herr Waterkamp, Leagas Delaney verliert in diesem Jahr knapp zehn Prozent Umsatz, minus 9,83 Prozent sind es exakt. Auch die Mitarbeiterzahl schrumpft leicht. Was ist da los?
Ein Einmaleffekt. 2016 war ein außerordentlich gutes Jahr mit 7,1 Mio. Euro Gross Income. 2017 pendelten wir uns eher wieder auf das Niveau von 2015 ein und konnten trotz Etatverlust der Comdirect und der Insolvenz von ALNO beim Gross Income mit 6,4 Mio. Euro 2017 gegenüber 2015 sogar leicht zulegen. Als Unternehmer kommt es mir mehr auf die Rendite an: Die lag 2016 bei 13 Prozent und wird auch 2017 wieder zweistellig sein.
Die Etatverluste konnten Sie aber bis jetzt nicht komplett kompensieren.
Wir haben 2017 Kunden wie Kerrygold, Eismann und CosmosDirekt ausgebaut. Und konnten neue wie zum Beispiel die Schweizer Premiumküchenmarke Forster global gewinnen. Außerdem haben wir im zweiten Halbjahr 2017 Neugeschäft gemacht, das wir bisher nicht kommunizieren durften. Diese Kunden werden erst in 2018 ertragswirksam. Damit schaffen wir es dann.
Um Leagas Delaney ist es seit dem Ausstieg von Stefan Zschaler, jetzt Tank Tank, ruhig geworden. Auch in kreativer Hinsicht. Dafür haben Sie eigens eine neues preisgekröntes CD-Team geholt: Simon Huke und Peter Regnery. (Mehr über die berühmtesten CD-Duos der deutschen Agenturszene lesen Sie ebenfalls im nächsten Heft).
Simon und Pete sind erst seit Oktober 2017 im Einsatz, haben aber bereits zur Steigerung der kreativen Exzellenz beigetragen und die Kreativabteilung neu strukturiert.
Inwiefern?
Simon, Pete und ich sind uns in einem Punkt absolut einig: Kreative Nebelkerzen mögen zwar kurzfristig für Aufmerksamkeit sorgen, entsprechen aber nicht der Philosophie der Agentur, was Nachhaltigkeit und Ernsthaftigkeit angeht. Wenn man sich die kreativen Erfolge der vergangen Jahre anschaut, die Stefan (Zschaler; Anm.d.Red.) und ich gemeinsam erreicht haben, sind diese immer auf existierenden Kunden und echten Briefings entstanden. Das werden wir fortsetzen. Dazu ist einiges in der Pipeline, was aber erst im Laufe dieses Jahres zu sehen sein wird. Ein Effekt, der durch den späten Einstieg der beiden CDs sicherlich nachvollziehbar ist. Bis hierher haben wir neue Teams gewinnen können, die interdisziplinär denken und helfen, Silos zwischen Online- und Offline-Kommunikation zu überwinden. Unser Social-Media-Case für CosmosDirekt ist dafür schon ein kleines, aber gutes Beispiel.
Hier der Case dazu und ein Bildmotiv der Facebook-Kampagne:
Was haben wir zu erwarten? Platz 29 war es im letztjährigen Kreativranking…
Na ja, das ist so ein bisschen wie mit dem Gross Income. Was für uns zählt ist unser Credo: 'Eine Idee ist nur dann gut, wenn sie Kunden hilft, ihr Business erfolgreich zu verändern'. Wir freuen uns also schon mal sehr drüber, dass Kerrygold beim Markenaward als Finalist für die Beste Markendehnung nominiert ist. Und vielleicht ja auch gewinnt. Mit Blick auf Kreativawards machen wir – siehe auch dazu den vorherigen Punkt – dieses Jahr mangels Masse eine Pause.
Mit Ihren minus 10 Prozent stehen Sie nicht alleine da. Neben Leagas Delaney verlieren auch Kolle Rebbe, Philipp und Keuntje, BSS, Panama, Bartenbach – lauter etablierte Werbeagenturen. Trägt das Geschäftsmodell nicht mehr?
Das Agenturgeschäft ist besonders auch für Full-Service-Agenturen enorm unter Druck geraten. Die Personalkosten steigen und die Preisspirale dreht sich nach unten. Durchschnittsstundensätze von unter 80 Euro sind leider keine Seltenheit mehr. Mehr für weniger und schneller ist das Motto für alle. Egal, ob auf Kundenoder Agenturseite. Das schlägt auf die Income-Situation durch. Vor allem, weil Kunden mit gleichem Budget immer mehr Kanäle bespielen müssen. Auch, wenn Full-Service-Agenturen einige Spezialdisziplinen selber anbieten, werden dadurch die Margen nicht größer.
Was können Agenturen tun?
Agenturen müssen ihre Art zu arbeiten ändern. Der klassische 'Wasserfall', bei dem ein Briefing vom Kunden von der Beratung entgegengenommen, dann durch die Mühlen der Strategie gemahlen wird, um schließlich in vielen Abstimmungsrunden von der Kreation bearbeitet zu werden, ist langsam, zeitintensiv und dadurch kostspielig. Neue und agilere Wege der Zusammenarbeit sind hier dringend gefragt.
Ich nehme an, Sie gehen da freilich mit gutem Beispiel voran?
Mit unserem kollaborativen und strategischen Workshop Tool 'Garage Thinking' haben wir eine sehr effiziente Art der Zusammenarbeit mit Kunden entwickelt und auch in unserem Arbeitsalltag tief implementiert. Dieses Tool hilft uns unsere Kunden und deren Kunden schneller und besser zu verstehen und effizienter zu Lösungen zu kommen, die funktionieren. Das spart Zeit und schont Ressourcen.
Werden Sie so 2018 wieder wachsen?
Wir freuen uns wenn wir das Gross Income von 2017 in 2018 bei einer Rendite im zweistelligen Bereich stabil halten. Und einem Pro-Kopf-Umsatz von mindestens 115.000 Euro (2017: 111.000 Euro; Anm.d.Red.) erreichen.