Jungrat als zahnloser Tiger

Genauso seltsam mutet der neu gegründete Jungrat an. Sechs Jung-von-Matt-Mitarbeiter unter 30 sollen in diesem Rat sitzen und zu einer Art Sparringspartner der Partnerrunde werden. Damit will die Agentur zeigen, dass sie am Puls der Zeit sitzt. Doch das Konstrukt wirkt arg konstruiert. Die Partner wählen den Rat Jahr für Jahr neu, genau zweimal darf das Gremium dann am Partnerkreistreffen teilnehmen. Neue Ideen und innovatives Arbeiten fließen so sicher kaum in die Agentur ein. Wichtiger wäre es, den jungen Leuten in der Agentur das Vorankommen auf der Karriereleiter zu ermöglichen.

Die Etablierung sowohl des Jungrats als auch des Partnerkreises nutzt nichts, wenn diese Gremien nicht mit Machtbefugnissen und Entscheidungskompetenz ausgestattet werden, sondern immer der Zustimmung des einzigen Vorstands Peter Figge bedürfen.

Zudem braucht eine Agentur wie Jung von Matt, die seit ihrer Gründung im Jahr 1991 immer auf Kreativität gesetzt hat, einen oder mehrere kreative Köpfe, die nach außen wirken. Bisher war das immer noch Jean-Remy von Matt, der sich aber jetzt aus den Geschäft zurückzieht und damit auch nicht mehr  sichtbar sein wird. Peter Figge an der Spitze mag ein guter Manager sein, aber er steht nicht für die kreative DNA von Jung von Matt. Das wird der Agentur in Zukunft fehlen.

Es wäre wichtig gewesen, nach dem Abgang von Strerath und Pohl ein Konstrukt zu etablieren, dass vor allem den kreativen Anspruch der Agentur nach außen trägt. Ein einzelnes Gesicht muss das nicht unbedingt sein, ist vielleicht auch gar nicht mehr zeitgemäß. Aber mit einer starken kreativen Führung, die nicht nach einem Jahr wieder ausgetauscht und abgewählt werden kann, hätte die Agentur nach außen ein wichtiges Signal gesetzt. So sind interne Querelen, Orientierungslosigkeit bei Mitarbeitern und Kunden sowie Unzufriedenheit bei Teilen der Partner und Kollegen schon jetzt vorprogrammiert.

Das neue Konstrukt mag die Zukunft von Peter Figge sichern. Die von Jung von Matt sieht nicht ganz so rosig aus.


Lena Herrmann
Autor: Lena Herrmann

hat bei der W&V ihr journalistisches Handwerkszeug gelernt und dort viele Jahre lang hauptsächlich markenstrategische Themen verantwortet, bevor sie sich als freiberufliche Journalistin und Podcast-Redakteurin selbstständig gemacht hat. Zudem hat sie die Podcast-Formate der W&V maßgeblich entwickelt und betreut. Sie ist Podcast-Host und steht regelmäßig als Moderatorin auf der Bühne.