Zur gleichen Zeit stieg der Public-Affairs-Mann Peter Strieder aus. Das Team in Berlin, das sich um diese Disziplin kümmert, ist seitdem stark ausgedünnt. Viele kreiden Wagner den Aderlass an; Weggefährten beschreiben ihre Führung als "desaströs". Das Konstrukt Ketchum sei ihr zu komplex gewesen.

Wagner verteidigt sich: Sie habe die ganze Agenturgruppe neu strukturiert, zu einer responsiven Organisation umgeformt, damit Ketchum agiler auf die neue Komplexität im Kommunikationsmarkt reagieren könne. Um ein festes Kundenteam herum bauen sie seitdem kleine Mini-Agenturen rund um den Kunden, die sich jederzeit verändern können. Auf ihr Konto gehen die Einrichtung des Executive Boards und Leadership-Teams für die Gruppe, der Entwicklung einer Strategie für die nächsten Jahre. Es sei ganz normal, dass in solchen Momenten manch senioriger PR-Mann den Wandel nicht mittragen wolle und hinwerfe. Wagner: "Ich gehe mit einem guten Gewissen."

Gestritten haben sie zuletzt ums Geld: Die Kunden, sagt Victoria Wagner, verfügten über geringere Budgets als früher, die Holding setze auf Kosteneffizienz. Sie aber wollte lieber in die Zukunft investieren, sprich die digitale Kompetenz von Ketchum.

Stabile Entwicklung

So hat sich Ketchum auf Vorjahresniveau, aber eben auch nicht dynamisch entwickelt. Für 2016 meldete die Agentur 49 Millionen Euro Umsatz - unter anderem auch dank Neukunden wie Metro und Henkel.

Victoria Wagner hatte einst die von ihr gegründete Agentur Brandzeichen - für Markenkommunikation und Social Media - an DAS/Omnicom verkauft; 2013 wurde die Firma Teil des Ketchum-Netzwerks.

Seit der Zusammenführung der drei deutschen Ketchum-Agenturen Ketchum Pleon, Brandzeichen und Emanate 2016 war Wagner CEO von Ketchum Deutschland. Sie hatte im Sommer 2016 die Nachfolge von Dirk Popp angetreten, um Ketchum zum Marktführer zu machen. Aktuell belegt die Agentur im PR-Umsatzranking Rang drei.

ds/ph/cob


Conrad Breyer, W&V
Autor: Conrad Breyer

Er kam über Umwege zur W&V. Als Allrounder sollte er nach seinem Volontoriat bei Media & Marketing einst beim Kontakter als Reporter einfach nur aushelfen, blieb dann aber und machte seinen Weg im Verlag. Conrad interessiert sich für alles, was Werber- und Marketer:innen unter den Nägeln brennt. Seine Schwerpunktthemen sind UX, Kreation, Agenturstrategie. Privat engagiert er sich für LGBTQI*-Rechte, insbesondere in der Ukraine.