Gastbeitrag von Stefan Wübbe:
Warum Unternehmen mit politischer Haltung profitieren (können)
Immer mehr Unternehmen zeigen politische Haltung. Aber viele trauen sich auch nicht, weil so etwas schnell in die Hose gehen kann. Genau für die hat Kolle-Rebbe-Chef Stefan Wübbe ein paar Tipps.
Europawahl-Engagements von Unternehmen liegen ja gerade voll im Trend.
Ist das nun richtig, falsch oder sogar gefährlich?
Mehr als 30 Prozent der Deutschen wollen, dass Unternehmen in der Öffentlichkeit eine politische Haltung einnehmen. 59 Prozent sind dagegen für eine neutrale Haltung. Klingt simpel – bis sich die Statistik nach Alter, Bildung, Partei-Wählern, Kaufkraft und Boykottverhalten aufdröselt. Ab da wird's kompliziert. Und man kommt schnell zur Gretchenfrage: Muss ein Unternehmen überhaupt eine politische Haltung einnehmen?
Politische Positionierung kann auch zur Tretmine werden
Einen politischen Kompass zu haben, hilft mit Sicherheit bei vielen unternehmerischen Entscheidungen. Die Frage ist vielmehr: Will man seine Haltung nach außen kommunizieren? Und wenn ja, wie? Mit der Initiative #SayYesToEurope geht beispielsweise Lufthansa konsequent ihren Haltungsweg weiter, den sie mit ihrem internationalen Claim "Say Yes To The World" im vergangenen Jahr begonnen hat. Doch eine politische Positionierung kann wirtschaftlich und kommunikativ auch zur Tretmine werden. Spätestens seit Joe Kaesers (Siemens) Angriff auf Alice Weidel (AfD) wissen wir: Ein kleiner Tweet kann, wie der berühmte Schmetterlingsschlag, einen Sturm auslösen. Und dieser kann in bestimmten Branchen und Zielgruppen zum Kaufboykott führen. Nike konnte das, ausgelöst durch seine Anti-Trump-Kaepernik-Kampagne verkraften. Aber ein deutscher Mittelständler?
Angesichts dieser berechtigten Angst fragt sich so manches Unternehmen zurecht, was die Vorteile einer politischen Haltung sind? Es ging doch auch immer ohne.
Drei mögliche Argumente:
1. Weil der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens von politischen Rahmenbedingungen abhängt (offene Grenzen für Arbeitnehmer, Waren, Dienstleistungen, Kapital etc.), für die es sich einzusetzen lohnt.
2. Weil Mitarbeitern und jungen Bewerbern eine Identifikation mit Unternehmenswerten und -engagement nachweislich immer wichtiger wird.
3. Weil ebendies auch für eine wachsende Zahl von Kunden gilt. Haltung kann unter Umständen eben auch verkaufen und ein Wettbewerbsvorteil sein.
Dem Satz "Haltung heißt Spaltung" kann man also auch den Satz "Haltung heißt Erhaltung" (nämlich der Wirtschaftsfähigkeit eines Unternehmens) entgegenstellen.
Eine beruhigende Info für alle noch unentschlossenen Unternehmen: die nächste Europawahl ist 2024.