Das bedeutet, die Daily Facts der AGOF, die Auskunft über Reichweiten und Nutzereigenschaften auf Werbeträgern liefert, wird künftig auch auf Kampagnen, beziehungsweise den Werbemitteln eingesetzt. Kunden und Agenturen erhalten so ein amtliches Bild über die Zielgruppen, die faktisch erreicht wurden. Technisch ist dies auch auf Sites möglich, die nicht zum AGOF-Universum gehören. Genutzt werden hier wie auf den Werbeträgern Cookies. 

Weiterer Kontrollverlust der Vermarkter

Der Schritt ist zwingend notwendig, auch wenn er den Vermarkter, also den Mitgliedern der AGOF, ein Stück Kontrolle entreißt. Denn so wird für Kunden transparent, ob die versprochenen Zielgruppen mit einer Kampagne auch wirklich erreicht wurden. Nur lässt sich an der Tatsache nichts ändern, dass die Kunden zunehmend die Kontrolle ins eigene Haus holen. Die programmatische Aussteuerung auf Nutzerebene und die Analyse über Drittfirmen ersetzt schlicht Mediaplanung und Einkauf auf Basis von Planungsdaten, wie den Zahlen der AGOF. 

Der Einfluss der Anbieter sinkt ohnehin. Nach der Marktkonsolidierung zählt die Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung nur noch zehn Mitglieder, weitere rund 40 Vermarkter nutzen die Daten als Teilnehmer. Da ist es für die verbliebenen Medienanbieter sicher besser, wenn Planung und Kontrolle über das von den Anbietern im Verbund mit Agenturen und Kunden kontrollierte System der AGOF erfolgt. Denn die Alternative sind Daten von Dritten wie irgendwelchen Data Management Plattforms (DMPs) oder gar Facebook, Google und Amazon mit ihren Daten.

Mit anderen Worten: "Die AGOF hat es sich als oberstes Ziel gesetzt, für mehr Sicherheit, Transparenz und Qualität im digitalen Werbemarkt zu sorgen. Und wo ist dies derzeit notwendiger, als im Bereich der Kampagnenkontrolle? Dass Werbungtreibende und Agenturen bei einem so wichtigen Thema auf die AGOF setzen, ist für uns ein großer Vertrauensbeweis und gleichzeitig ein Gütesiegel für unsere Arbeit", sagt der AGOF-Vorstandsvorsitzender Björn Kaspring.

Kampagnenmessung über alle Kanäle - aber warum erst jetzt?

Perspektivisch geht es bekanntlich auch um TV- und Bewegtbildbudgets. Obligatorisch ist es daher für die OWM und die Agenturen, dass eine einheitliche Lösung für Streaming- bzw. Video-Kampagnen gemeinschaftlich mit der AGF geschaffen wird. Hierfür finden bereits Gespräche mit den TV-Forschern der AGF statt. Daneben werden selbstredend sowohl das stationäre Web wie auch mobile abgebildet. Die Gründe sind klar: "Die Erhebung der Leistungsparameter im Rahmen der Kampagnenmessung in den digitalen Medien ist ein entscheidender Baustein sowohl für die Bewertung der Mediainvestitionen als auch für die Kampagnenoptimierung", sagt René Lamsfuß, Vorstand für FOMA und OMG in der AGOF. Und hier gehören alle Kanäle hinzu.

Da stellt sich die Frage: Warum erst jetzt? Die Antwort liegt in der erforderlichen Technik, die hohe Summen verschlingt. Allein der Umbau der Systeme von einer Ausweisung mit mehreren Wochen Verzögerung, hin zu den Daily Facts hat Jahre gedauert. Aber ohne die täglichen Daten wäre eine Kampagnenbewertung nicht sinnvoll. Insofern ist nachvollziehbar, wenn Kirsten Latour als Vertreterin der OWM im Vorstand der AGOF sagt: "Wir freuen uns, dass sich die AGOF mit den Daily Campaign Facts nun gemeinsam mit den Marktpartnern daran macht, die bestehende Lücke im digitalen Werbemarkt zu schließen." Der Zeitplan sieht vor, noch vor Ende des kommenden Jahres dem Markt ein passendes Produkt anbieten zu können. 

Ob die Daten auch real-time-fähig werden, ist derzeit offen. Wünschenswert wäre dies allemal. Denn dann könnten auf Basis der AGOF-Informationen auch die programmatische Buchung, bzw. der automatisierten Einkaufsprozess erfolgen. Aber das ist im Moment noch technische Zukunftsmusik.  


Autor: Leif Pellikan

ist Redakteur beim Kontakter und bei W&V. Er hat sich den Ruf des Lötkolbens erworben - wenn es technisch oder neudeutsch programmatisch wird, kennt er die Antworten. Wenn nicht, fragt er in Interviews bei Leuten wie Larry Page, Sergey Brin oder Yannick Bolloré nach.