Nie war Kundenbindung schwerer als heute

Doch gleichzeitig war nie schwerer, die Menschen an eine Marke zu binden als heute. "Früher haben sich die Unternehmen die Treue der Konsumenten erkauft", sagt Andreas Dullweber, Partner bei Bain & Company und Leiter der Praxisgruppe Kundenstrategie und Marketing. Das gelang unter anderem mit Loyalitätsprogrammen oder anderen Rabattaktionen und Vorteilen. Oder die Unternehmen banden die Menschen mit Verträgen an die Marke. In Kauf nehmend, dass sie damit auch ihren Unwillen auf sich zogen. "Heute funktioniert das nicht mehr", sagt Dullweber. "Jetzt müssen sich die Unternehmen die Begeisterung der Kunden verdienen." Das ist deutlich schwerer, aber auch langfristiger.

Der Kunde ist heute besser informiert als noch vor ein paar Jahren und dementsprechend schneller bereit, die Marke zu wechseln, wenn eine andere ihm ein besseres Angebot macht. Dazu kommen die gewachsenen Ansprüche und Erwartungen der Konsumenten durch Player wie Amazon, Netflix, Apple oder Spotify. Sie haben verstanden, dass vertragliche Zwänge auf Dauer nichts bringen und punkten stattdessen mit innovativen Dienstleistungen und attraktiven Zusatzangeboten. "Um sich die Begeisterung der Kunden zu verdienen braucht es ein gutes Produkt, eine gute Geschichte zum Produkt und ein umfassendes Paket an Dienstleistungen, die den Kunden auch nach dem Kauf an die Marke binden", sagt Dullweber. Als Beispiel führt er Apple an. Die Marke wertet das iPhone nach dem Kauf mit Angeboten wie dem App-Store auf oder punktet durch eine schnelle und reibungslose Reparatur.

Probleme sind immer auch eine Chance

Besonders dann, wenn es nach dem Kauf ein Problem gibt, ist es elementar für die Kundenzufreidenheit, dass die Marke schnell und unbürokratisch handelt. "Der Service nach dem Kauf macht den Unterschied", sagt Dullweber. Wenn der Kunde erlebt, dass das Unternehmen Beschwerden und Beanstandungen ernst nimmt und der Reparatur- und Umtauschservice reibungslos funktioniert, sammelt die Marke im Nachhinein wertvolle Imagepunkte. "Situationen, in denen Dinge schief laufen, können auch eine große Chance sein für die Marken."
Auch für den Mittelstand. Kleinere Unternehmen sind oft näher an ihren Kunden dran und wissen besonders gut, welche Bedürfnisse sie haben. Das liegt auch daran, dass die Zielgruppe meistens sehr spitz ist und Streuverluste damit kaum ein Problem sind. Wem es gelingt, die Kundenbedürfnisse zu befriedigen, hat schon wertvolle Punkte auf dem Weg zu einer langfristigen Kundenbindung gesammelt. "Eine starke Marke hat das Potenzial, dem Kunden Orientierung zu geben", sagt Dullweber.

Wenn das Unternehmen zudem in der Lage ist, das Feedback der Fans zu sammeln und ins Unternehmen hineinzutragen, dann nutzt die langfristige Kundenbindung sogar dazu, wertvolle Schritte bei der Entwicklung des eigenen Geschäftsmodells zu gehen.

Das alles kostet viel Zeit, Energie und Ressourcen. Auch finanzielle. Doch das hat auch seinen Vorteil. "Sich die Loyalität und Begeisterung eines Kunden zu verdienen, ist schwer", sagt Dullweber. "Darum ist gute Kundenbindung nach wie vor eine hervorragende Differenzierungsmöglichkeit."

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Lena Herrmann
Autor: Lena Herrmann

hat bei der W&V ihr journalistisches Handwerkszeug gelernt und dort viele Jahre lang hauptsächlich markenstrategische Themen verantwortet, bevor sie sich als freiberufliche Journalistin und Podcast-Redakteurin selbstständig gemacht hat. Zudem hat sie die Podcast-Formate der W&V maßgeblich entwickelt und betreut. Sie ist Podcast-Host und steht regelmäßig als Moderatorin auf der Bühne.


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