Zahlreiche Schauspieler und Mitarbeiter der Serie distanzierten sich per Twitter von Barr. "Es ist unglaublich traurig und schwierig für uns alle, denn wir haben eine Show geschaffen, an die wir glauben, auf die wir stolz sind und die die Zuschauer lieben - eine Show, die anders ist als die Meinungen und Wörter eines Mitglieds der Besetzung", schrieb Schauspielerin Sara Gilbert. Sie würde nicht mehr für die Show arbeiten, verkündete Wanda Sykes, die als beratende Produzentin an Bord war, in einem Tweet.

Kollegen wie Patricia Arquette, Zoe Saldana und Don Cheadle reagierten empört. Auch Barrs Ex-Mann, der Schauspieler Tom Arnold, zeigte sich entsetzt und lobte zugleich die rasche Reaktion des Senders, die Serie abzusetzen.

Aus für die Millionen-Dollar-Show

Die Roseanne-Show, in der Barr die Hauptrolle spielt, erzählt die Geschichte der Arbeiterfamilie Conner. Sie war vor einigen Wochen wieder aufgenommen worden - mit herausragend guten Quoten. Zwischen März und Mai hat ABC damit laut Kantar Media rund 45 Mio. Dollar eingenommen.

Im Schnitt saßen bei Roseanne, der erfolgreichsten Serie der TV-Saison 2017/18 bisher, 4,5 Millionen Werberelevante (18-49) vor den Geräten. Für die zweite Staffel erhoffte sich der Sender gut 60 Mio. Dollar Werbeeinnahmen - für 13 Episoden. Im Vorfeld - bei unklaren Erfolgsuassichten - hatte ABC pro 30-Sekünder unter 150.000 Euro verlangt. Erst vor zwei Wochen war die Show großen Mediaagenturen vorgestellt worden - mit Werbepreisen von um die 350.000 Euro für 30 Sekunden.

In Deutschland hätte der Disney Channel die Serie gezeigt. Das fällt nun ebenfalls flach.

Valerie Jarrett bezeichnete in einer Show bei MSNBC den Vorfall mir Roseanne Barr als Ereignis, aus dem die Gesellschaft eine Lehre über Alltagsrassismus ziehen könne. Sie sorge sich um die Opfer von Rassismus, die "keinen Kreis von Freunden oder Anhängern um sich haben, der ihnen sofort zur Hilfe eilt".

Roseanne Barr war nicht zum ersten Mal mit Beleidigungen via Twitter aufgefallen. Einige richteten sich zuletzt gegen den Milliardär George Soros, den sie als Nazi bezeichnete, die Tochter von Ex-Präsident Bill und Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton, Chelsea, oder - mit ähnlichem Vokabular wie im Jarrett-Tweet - 2013 gegen Susan Rice, damals UN-Botschafterin der USA.

Auch habe sich Barr an der Verbreitung von Verschwörungstheorien wie "Pizzagate" beteiligt: einer Kampagne mit falschen Anschuldigungen gegen Trumps Gegenkandidatin Clinton. Nicht nur die Serienfigur Roseanne, auch Barr selbst unterstützte die Politik des US-Präsidenten Donald Trump. Die Süddeutsche schrieb  zum Start der Neuauflage der Serie über eine Arbeiterfamilie: "Grandiose Serien über Leute mit echten Problemen sind selten wie ein Lottogewinn für Bedürftige."

Mit dem Aus ihrer Show geht Barr gelassen um. Sie rief unter anderem ihre Fans dazu auf, ABC und den Mutterkonzern Disney wegen seiner Entscheidung nicht zu boykottieren.

Noch Anfang Mai hatte die Folge als meistgesehenes Primetime-Format bei den 18- bis 49-Jährigen abgeschnitten. 10,2 Millionen Zuschauer hatten Roseanne eingeschaltet. Das Finale lief in den USA am 22. Mai.  (sh/mit dpa)


Autor: Susanne Herrmann

schreibt als freie Autorin für W&V. Die Lieblingsthemen von @DieRedakteurin reichen von abenteuerlustigen Gründern über Medien und Super Bowl bis Streaming. Marketinggeschichten und außergewöhnliche Werbekampagnen dürfen aber nicht zu kurz kommen.