Es bleibe bei der Übertragung alles beim Alten, das TV-Signal komme teilweise "erschreckend langsam" auf den Fernsehern an, sagte Ulrike Kuhlmann, Redakteurin beim IT-Fachmagazin "c't", der Deutschen Presse-Agentur. Die Redaktion hatte die Ausstrahlung über verschiedene Wege gemessen und teils bis zu 50 Sekunden Zeitunterschied festgestellt - eine halbe Ewigkeit für Fußballfans, die bei offenem Fenster auf das vom Nachbarn längst bejubelte Tor warten müssen. "Haben die Nachbarn Zugriff auf Satellitensignale, können das beim Elfmeterschießen seeehr lange Sekunden werden", sagt Kuhlmann.

Bereits zur WM vor vier Jahren hatte der Effekt des "zeitversetzten Fernsehens" bei vielen Zuschauern für Unmut gesorgt. Ganz vorne sind auch in diesem Jahr die Fans, die per Satellit empfangen. Dabei sei bei ersten Messungen das Bild in schwacher SD-Auflösung mit 4,5 Sekunden am schnellsten angekommen, obwohl dafür das ausgesendete HD-Signal noch heruntergerechnet werden müsse, sagt Kuhlmann. Dicht darauf folgt das Sat-Signal in HD, das eine halbe Sekunde später auf dem Fernsehbildschirm erscheint, aber auch mit einem deutlich besseren Bild entschädigt.

Wer sein TV-Programm terrestrisch über DVB-T2 HD erhält, empfängst die Ausstrahlung im ZDF (2,5 Sekunden Verzögerung zum Sat-SD-Signal) jedoch deutlich schneller als in der ARD (4,5 Sekunden). Dahinter folgt den Messungen der "c't" zufolge das Signal über Kabel. In hoher Auflösung braucht es je nach TV-Sender sechs oder 6,5 Sekunden.

Noch länger müssen Nutzer des Telekom-Angebots "Entertain" auf das Tor warten. "Die Problematik ist bekannt", sagte Telekom-Sprecher Malte Reinhardt der dpa. Sie betreffe alle digitalen Übertragungswege, für die die über Satellit übermittelten Signale noch transcodiert werden müssten. Aktuell falle die Wiedergabe des TV-Bilds über das Streaming-Angebot "Entertain" etwa zwischen acht und zehn Sekunden zurück. Die Telekom arbeite zwar an neuen Technologien, aber bis zur WM werde sich an der Verzögerung nichts ändern.

Streaming-Anbieter, die keine Multicast-Technologie (Aussendung eines Signals an viele Kunden) verwenden, lägen aber noch weit dahinter, da könne die Verzögerung schon mal bis zu 50 Sekunden dauern, sagte Reinhardt. Auf dieses Schneckentempo kommen auch die Redakteure der "c't" in ihrem Testlabor. "Da jubeln die Nachbarn schon lange", bevor der Ball auf dem eigenen Bildschirm ins Tor gehe, sagt Kuhlmann.

"Wenn die Straße jubelt, weiß man, es passiert gleich was", sagt Jörg Meyer vom TV-Streaming-Anbieter Zattoo. Bei Live-Übertragungen wie der Fußball-WM könne die Verzögerung beim Streaming schon mal unangenehm auffallen, wenn die ganze Straße mitfiebere. Beim normalen TV-Programm, etwa beim "Tatort" spiele sie dagegen eher keine Rolle. "Die zeitliche Verzögerung kann man nicht wegreden."

"Wir speichern zudem das Signal für eine flüssige Wiedergabe ein paar Sekunden auf den Endgeräten zwischen", sagt Meyer. Die Schnelligkeit hänge aber auch von Faktoren wie der Leistungsfähigkeit des Fernsehers ab. Zattoo sei aber immerhin schneller als der Live-Stream über Mediatheken von ARD und ZDF. Die "c't"-Redakteure kommen je nach Ausgabemedium auf Verzögerungen von 34 bis 46 Sekunden.

Es gebe technisch bereits verschiedene Ansätze in der TV-Streaming-Branche, das Phänomen in den Griff zu bekommen, sagt Meyer. Spitzenreiter ist der Streaming-Dienst Magine, der auf einem AppleTV auf 21 Sekunden bei der ARD und 20 Sekunden beim ZDF kommt.

Renate Grimming, dpa


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