Die Hürden: Zeitbudget und Alter

Auch über einen noch längeren Zeitraum betrachtet haben Kinos Zuschauer verloren. Das habe sicherlich demografische Gründe in Deutschland, wo die Menschen immer älter würden. "Es hat aber auch mit dem Zeitbudget zu tun, das jeder hat", sagte Dinges in Berlin, wo am Donnerstag die Internationalen Filmfestspiele beginnen.

Nach seiner Einschätzung wird Kino mehr zum Event. Es müsse sich messen lassen an allen anderen Freizeitangeboten, auch an Streamingdiensten. "Das bedeutet für das Kino ganz klar: Es muss die Herausforderung annehmen." Um Menschen von der Couch zu bewegen, brauche es sehr gute Filme und Kinos mit Komfort.

Um die Zukunft des Kinofilms geht es auch auf der Berlinale, die am Donnerstag eröffnet wird. Neben Cannes und Venedig zählen die Filmfestspiele in Berlin zu den großen Filmfestivals der Welt. Am Montag begann der Kartenvorverkauf - schon am Morgen warteten Filmfans mit Campingstühlen, Thermoskannen und manche auch mit Schlafsäcken vor den Verkaufsschaltern, um Karten zu ergattern.

In Deutschland ist die Zahl der Kinos laut FFA-Statistik zuletzt gestiegen, 1734 Spielstätten und 4961 Leinwände gab es demnach. Der Anstieg wird zum Teil mit einer statistischen Korrektur erklärt - ein Wanderkinobetreiber wurde anders einsortiert. Auch ohne den Effekt sei die Zahl aber gestiegen, bei Spielstätten etwa von 1672 auf 1705.

"Wir haben in Zeiten, in denen viele über Kinokrise sprechen, mutige Unternehmer, die tatsächlich Neugründungen in Gebieten vornehmen, wo es bislang kein Kino gab", sagte Dinges. In Mecklenburg-Vorpommern oder Brandenburg gebe es etwa ein Plus von Standorten. Es freue ihn, wenn im ländlichen Raum wieder Kinos entstünden, wenn auch wieder Ein-Raum-Kinos gegründet würden. "Und sei es nur ein Gemeindesaal."

Die Kinokarten waren mit durchschnittlich 8,63 Euro etwas teurer als 2018, die Filmförderungsanstalt erklärt das auch mit Zuschlägen für Überlängen und 3D-Filme. Etwa jedes fünfte Ticket wurde für einen deutschen Film verkauft - der Anteil sank von 23,5 Prozent auf 21,5 Prozent. Insgesamt liefen im vergangenen Jahr rund 600 Filme in den Kinos an, davon waren etwa 250 deutsche Filme.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) sieht in den Zahlen positive Tendenzen. "Der Trend bei den Besucherzahlen geht glücklicherweise wieder nach oben. Der Kinomarkt hat sich in Deutschland gegenüber dem negativen Ausnahmejahr 2018 erholt. Die Deutschen gehen nach wie vor gerne ins Kino", sagte sie. "Es ist gut, dass der Anteil der deutschen Filme im vergangenen Kinojahr wieder bei über 20 Prozent liegt, er dürfte aber gerne noch höher sein. Warum sollte es nicht möglich sein, wieder frühere Werte von 25 Prozent oder mehr zu erreichen?", fragte Grütters.

Und wie wird das Kinojahr 2020? "Ich erwarte ein gutes Jahr, weil die Filme gut sind", sagte Dinges. "Der neue "Bond" steht vor der Tür, es ist der letzte mit Daniel Craig. Und ich bin mir ganz sicher, dass seine ganze Fangemeinde in diesen Film strömen wird." Gerade gut angelaufen sei die deutsche Komödie "Nightlife", als Nächstes stehe "Die Känguru-Chroniken" an. "Da kommen viele exzellente Filme auf uns zu." Ins Kino geht übrigens nur ein Teil der Menschen: Etwa vier von zehn nutzten 2018 das Kino.

Von Julia Kilian und Corinna Schwanhold, dpa