Streaming plus Werbung:
Hulu-Werbeformat denkt an die Zuschauer
Der VoD-Anbieter testet eine Werbeform, die sich den Pausen der Zuschauer anpasst statt umgekehrt.
Typischer Fernseheabend in den 90ern: 20.15 Uhr aufs Sofa, Film schauen. 20.35 Uhr: Zappen, weil Werbung. 21.05 Uhr: Pinkelpause, weil Werbung. Bier holen. 21.30 Uhr: Zappen, weil Werbung. Noch ein Bier holen. 21.55 Uhr: Werbung. Pinkelpause, weil zu viel Bier. 22.20 Uhr: Werbung. Zappen, trotz Bier nicht schon wieder pinkeln. 22.45 Uhr: Kurz vor Filmende eingeschlafen wegen des Biers, Schluss verpasst, aufgewacht von der Werbepause.
Das war irgendwie lustig, weil geteiltes Schicksal. Den werbefinanzierten Sendern sei das ausdrücklich gegönnt, schließlich sind sie zur Finanzierung dieser Programme darauf angewiesen, dass sie Werbezeiten verkaufen.
Selbst heute noch lassen sich Fernsehabende natürlich so verbringen. Außer, man nutzt die Mediatheken, nimmt Sendungen auf Festplatte auf, streamt Lieblingsserien endlos auf einem alternativen Angebot. Das kostet dann meistens Geld, ist dafür aber - noch - werbefrei.
Das muss nicht so bleiben. Das ist aber nicht unbedingt eine sehr schlechte Nachricht.
Streaminganbieter Hulu hat zum Beispiel eine Vermarktungsidee, bei der sie die Bedürfnisse des Publikums berücksichtigt. Schade nur, dass das bemerkenswert ist. Weil Werbung, zumal im Fernsehen und Online, sich leider allzu oft aufdrängt - bis hin zu dem Punkt, an dem sie einige Kunden eher verärgert, als sie gewogen zu stimmen.
"Wie Fernsehen konsumiert wird, hat sich verändert, aber Fernsehwerbung nicht", sagte Vermarktungschef Jeremy Helfand dem Business Insider. Hulu fühle sich berufen, das zu ändern.
Ab April probiert Hulu deshalb ein neues Werbeformat aus: "Pause Ads" heißt es - und das bedeutet genau das. Die Werbung - in Form eines Anzeigenmotivs, nicht eines Videos - kommt fünf Sekunden, nachdem der Zuschauer auf Pause gedrückt hat, also von sich aus das Programm anhält. Das Bild ist außerdem leicht durchsichtig und nimmt nur die rechte Seite des Bildschirms ein und nicht die komplette Fläche.
Damit sei diese Werbeform weniger aufdringlich, weil sie nicht als Unterbrechung daherkomme, sondern vom Zuschauer selbst ausgelöst werde, erläutern die Senderverantwortlichen. Erste Testkunden für das Projekt sind Coca-Cola und Procter & Gamble. Dem Konzern fällt das Konzept besonders gut, P&G will hier für sein Klopapier Charmin werben: "Wenn jemand seine Sendung von sich aus anhält, ist das vermutlich, weil er wohin muss", sagt Charmin-Markenchefin Janette Yauch laut Business Insider. P&G wisse, dass Marken ihr Publikum zur richtigen Zeit mit der richtigen Botschaft erreichen müssen.
Hulu ist ein kostenpflichtiges Video-on-Demand-Angebot (VoD), das ab 8 Dollar im Monat Inhalte u.a. der US-Konzerne NBC, Fox, ABC und Warner anbietet. Eigentümer sind die Medienunternehmen Comcast, 21st Century Fox, Walt Disney und Time Warner. Zu den erfolgreichsten Hulu-Eigenproduktionen gehört "The Handmaid's Tale" ("Der Report der Magd"), die deutschen Erstausstrahlungsrechte liegen bei Telekoms Magenta TV. (In den USA startet demnächst Staffel drei, dafür warb Hulu während des Super Bowl).