Studie Radio 2021:
Radio widersteht dem Streaming - noch
Mediareports befürchtet, dass der Hörfunk seinen Reichweitenspitzenplatz verlieren wird. Denn die jungen Menschen nutzen immer mehr Audiostreaming.
Erst einmal sind das gute Nachrichten für die klassischen Radiobetreiber und ihre traditionellen und digitalen Angebote: Das Radio behauptet sich gut bei Hörern und auf dem Werbemarkt. Selbst die Audio-Streamingdienste von Spotify bis Deezer konnten dem Radio bislang wenig anhaben, bilanziert Marktbeobachter Mediareports.
Die schlechte Nachricht kommt direkt nach: Das wird vermutlich nicht so bleiben.
Jugendliche lieben Streaming. Und alle Radio
Fast die Hälfte der deutschsprachigen Bevölkerung zwischen 14 und 29 Jahren nutzt laut ARD/ZDF-Onlinestudie 2017 Audio-Streamingdienste mindestens einmal pro Woche. 52 Prozent der Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren taten dies laut JIM-Studie 2017 sogar täglich oder zumindest mehrmals die Woche.
Und trotzdem, so die Mediareports-Auswertung, ist für die Gesamtbevölkerung der Hörfunk Medium Nummer eins. Obwohl Reichweite und Hördauer seit Jahren zurückgehen. "Die Tagesreichweiten des Radios sind für Audio- Streaming noch lange nicht in Sicht", sagt Daniel Hürst, Autor des Mediareports "Radio 2021".
Dass die Radio-Konkurrenz Streaming vom Markt verschwinden wird, glaubt der Fachmann aber nicht. Er geht davon aus, dass "Audio-Streamingdienste als Wettbewerber dauerhaft erhalten bleiben und ihren Teil zur weiteren Nutzungserosion beitragen" werden. Entwarnung, erst einmal.
In fünf Jahren liegt Radio hinten
Der Spitzenrang im Reichweitenranking wird, prognostiziert Hürst, in fünf Jahren von Radio an das Internet gehen. Was bei den jungen Menschen heute schon so ist, wird die Gesamtbevölkerung dann erreicht haben. Und dann werde, so der Report weiter, Streaming ein mächtiger Konkurrent des (digitalen) Radios.
Einen Rat hat Hürst aber auch noch für die Radiomacher: Dessen Attraktivität hänge auch in Zukunft "weniger von Daten und Algorithmen ab als vielmehr von Persönlichkeiten und Unverwechselbarkeit. Das Radio kann sich seiner Wettbewerbsvorteile eigentlich nur selbst berauben." Denn im Gegensatz zu Videostreaming bietet Audiostreaming derzeit kaum exklusive Inhalte - der Rundfunk aber schon. Hier gibt es außer Musik (deren Angebot bei den Streamingdiensten praktisch identisch ist) auch noch Nachrichten, Interviews und eigene Wortbeiträge.
Einen guten Rat hatte das Team um Daniel Hürst bereits 2014 für die klassischen Fernsehsender angesichts der VoD-Streamer. Der Trend zur nicht-linearen Fernsehnutzung und zum personalisierten Programm sei unaufhaltsam, hieß es da, und die Forscher empfahlen Kooperationen: etwa eine umfassende gemeinsame Media- und Videothek aller Fernsehsender und Filmproduzenten, die alle denkbaren Nutzungswünsche und -muster über alle möglichen technischen Plattformen abdecken könne, anstelle der zersplitterten Einzelangebote. Passiere dies nicht, dann teilen sich "branchenfremde Akteure den zukünftigen Markt unter sich auf".
So weit ist es noch nicht gekommen. Kooperative Gegenmaßnahmen aber auch noch nicht in Sicht.
Grundlage der Mediareports sind Recherchen und Marktbeobachtungen in den Medien- und Kommunikationsmärkten. Jeder Gesamtreport betrachtet in jeweils einem Segment die Entwicklung in den drei Ländern Deutschland, Österreich und Schweiz. Im Jahr 2017 werden mit Prognosezeitraum bis 2021 die Reports Breitband & Mobil, Radio und Zeitungen neu aufgelegt. Mit Prognosezeitraum bis 2020 sind die Reports Fernsehen und Onlinemedien erhältlich. Herausgeber der Mediareports ist Prof. Dr. Josef Trappel, Fachbereichsleiter Kommunikationswissenschaft an der Universität Salzburg. Die inhaltliche Verantwortung liegt bei Mediareports in Freiburg.