VZB Mediengipfel:
Was Verlage von China lernen wollen
Allianzen bei der Vermarktung bis hin zum Urheberrecht: Der Verlegerverband VZB lässt weitere Optionen diskutieren. Motto: "Internationale Trends & Connectivity".
Chinesische Weisheiten gibt es viele. Doch was das Land heute prägt, seine ganz eigene Besonderheiten, davon hat Simone Pohl auf dem VZB Mediengipfel 2019 im Münchner Lenbachpalais erzählt. Von der Geschwindigkeit mit der Produkte erdacht werden und auf den Markt kommen, "deutlich schneller als in Europa oder in den USA", sagt Pohl. Als Delegierte der Deutschen Wirtschaft in Shanghai vertritt sie die Interessen von rund 5000 deutschen Unternehmen.
Selbst aus dem Lesen macht man in China etwas Besonderes. Die Kioske, an denen Zeitschriften und Zeitungen, verkauft wurden, sind in den vergangenen Jahren zwar verschwunden. Doch jetzt entstehen neue Läden mit Büchern, die in kunstvollen Türmen präsentiert sind. Keine Frage, vom Reich der Mitte lässt sich einiges lernen. Nicht nur alte Weisheiten.
Pohl hat die volle Aufmerksamkeit der rund 200 Teilnehmer aus der Werbewirtschaft, Medien und Politik. Auf Einladung des VZB waren sie zusammengekommen, um über "Internationale Trends & Connectivity" zu sprechen, dem Motto des Events. Verbindungen zu schaffen, wo zuvor keine waren, das bewerkstelligt die Digitalisierung.
Digitalisierung schafft eine neue Realität
In China lässt sich alles über die Social Media-App WeChat abwickeln: von der Kommunikation mit Freunden oder in Unternehmen bis hin zum Bestellen von Essen und Taxen. Das beschleunigt die Verwandlung der Städte in Smart Cities, in denen alles miteinander vernetzt ist. Das beschert eine völlig andere Ausgangslage. Eine neue Realität entsteht.
An ihrem Wirklichkeitskonzept arbeiten auch die Medienhäuser. Zunehmend aktiv: In den vergangenen Jahren glückt es ihnen immer mehr gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Von Allianzen bei der Vermarktung bis hin zur neuen Urheberrechts-Richtlinie. Damit wollen die Verlage sicherstellen, dass ihre Inhalte nicht länger kostenfrei von Google und Facebook verwendet werden.
Google hat gegen den sogenannten Upload-Filter "einen martialischen Feldzug mit Desinformation und Panikmache geführt", sagt Rudolph Thiemann, VDZ-Präsident und geschäftsführender Gesellschafter der Liborius-Verlagsgruppe. "Google hat es damit geschafft, dass fast fünf Millionen Menschen gegen die Richtlinie unterschrieben haben." Das verdeutlicht die Macht, die die GAFAs bei der heutigen Meinungsbildung haben.
Das Rezept dagegen heißt Vernetzung. Sabine Eckhardt, Vorstand Sales & Marketing bei ProSiebenSat.1, die den Konzern Ende April verlassen wird, fordert dazu ein Denken in Plattformen. Egal ob Verlage oder TV: "Wir sind letztlich Medienhäuser." Um gegen Netflix zu bestehen, will die Sendergruppe in Kürze eine gemeinsame Internet-Plattform deutscher Fernsehsender starten. Selbst Erzrivale RTL ist eingeladen, dabei zu sein.
Gemeinsamer Wille als Voraussetzung
Ein anderes Beispiel, wo ein Zusammenschluss unter Rivalen not tut, ist eine gemeinsame Bezahlfunktion für verschiedene Medienangebote auf einen Klick einzurichten. So fordert es Andreas Schoo, Geschäftsführer Funke Mediengruppe. "Wie bei Amazon." Bisher können Leser nicht nur den Artikel bei Fokus lesen, um sich dann der Reportage in der Berliner Morgenpost zu widmen. Für Schoo geht da viel Potenzial verloren.
Vernetzte Realitäten erschaffen - das wurde auf der Diskussion im Lenbachpalais deutlich - benötigt eben zuallererst den Willen der Menschen, Dinge zusammenzufügen. Dafür müssen sie sich zunächst aber selbst miteinander zu verbinden. Das gelingt heute über Technologien und Plattformen. Diese ständige Verbundenheit fordert die Menschen: "in unserer Haltung, unserem Denken und Tun", sagt Waltraut von Mengden. Für die Erste Vorsitzende des VZB geht daran kein Weg vorbei. Und diese Weisheit kommt dann aus Afrika: "If you want to go fast go alone, if you want to go far go together."