200 Zeilen Zorn:
Zahlst du wenig, kriegst du wenig
Digitale Werbung bringt es nicht? Stefan Mölling, Sales Director Digital bei Media Impact, kann es nicht mehr hören. Er rückt in der W&V-Rubrik "200 Zeilen Zorn" einige Vorwürfe gerade.
Werbungtreibende, Verbände oder Mediaagenturen: Viele Seiten kritisieren digitale Werbung. Zu Unrecht, findet Stefan Mölling, und räumt mit einigen Vorurteilen auf. Er fordert in der W&V-Rubrik "200 Zeilen Zorn": "Macht Schluss mit dem plumpen Digital Bashing!"
Ein fast schon mitleiderregender Zustand – so schimpfen Werbungtreibende, Verbände und Mediaagenturen häufig über die digitale Werbebranche. Sie fordern Standards und Richtlinien, userspezifisches Targeting, Sicherheiten für die Marke und Messungen von Klickzahlen und Page-Visits. Die Erwartungen an digitale Werbung sind hoch. Doch wer klopft eigentlich bei Facebook und Google an und fragt nach deren Standards? Sie sind eben keine reinen Tech-Plattformen oder altruistische Weltverbesserer, sondern primär Vermarkter und müssten sich wie alle anderen auch an gemeinsame Regeln halten. Genereller Tenor aber ist: Reichweite ist alles – Hauptsache, günstig. Und damit die Preise fallen, wird auf hochwertiges Digitalmarketing pauschal regelrecht mit eingeprügelt. Die gängigsten Vorwürfe lassen sich zum Glück leicht entkräften:
„Werbung in digitalen Medien ist nicht 'Brand-safe'“
Richtig: Es gibt zweifelhafte Online-Umfelder, die dem Image einer beworbenen Marke schaden, dies können beispielsweise Hass-Posts oder IS-Videos sein. Viele Ad-Impressions allein genügen eben nicht, damit digitale Werbung den gewünschten Erfolg erzielt. Premiumvermarkter kennen dieses Problem nicht. Denn die journalistischen Umfelder ihrer Angebote bieten ein hohes Maß an Brand-Safety, also Sicherheit für Markenkommunikation. Hier arbeiten Experten, die in Abstimmung mit dem Kunden professionelle Umfelder wählen und für optimierten Brand-Fit sorgen. Perspektivisch wird dies in immer größerem Umfang Artificial Intelligence für uns lösen können, aber solange dieser Prozess nicht vollautomatisch funktioniert, sollte sich jeder Werbungtreibende, der auf Nummer sicher gehen möchte, auf journalistische Umfelder konzentrieren.
#ContentRockt
"Die Halbierung der Ausgaben für digitale Werbung hat keine Folgen für das Unternehmen"
Die Frage müsste wohl eher lauten: Wofür habe ich vorher mein Geld ausgegeben, wenn ich so gar keinen Effekt merke? Die zunehmende Nutzungsintensität digitaler Medien (laut E-Marketer-Studie hat Digital lineares TV überholt) bezweifelt niemand mehr ernsthaft. Und gleichzeitig scheint die einzige Reaktion auf diesen Trend im Jahr 2018 eine Rückverlagerung in lineare TV-Budgets zu sein. Natürlich kann man auch zum halben Preis digitale Werbemaßnahmen schalten. Doch auch hier gilt: Zahlst du wenig, kriegst du wenig. Vor allem in Sachen Qualität. Professionelle Vermarkter gewährleisten diese beispielsweise durch ads.txt. Eine Initiative, die programmatische Werbeschaltung transparenter macht. Dort können Publisher genau anzeigen, wer ihr Inventar an wen vermarkten darf. Diese Informationen sind öffentlich. Alle Beteiligten vom Käufer bis zum Drittanbieter können sie einsehen. Wer glaubt, mit Niedrigpreisen per Open Auction wertige journalistische Umfelder belegen zu können, der bekommt die Quittung: Adfraud und negative Branding-Effekte.
#HochwertigeWerbungKostetGeld
"Solange Werbung die richtigen User anspricht, ist das Umfeld doch egal"
Nein, ist es nicht. Wie in den klassischen Medien spielen Umfelder auch im digitalen Bereich eine große Rolle. Alle Studien und Untersuchungen der letzten Jahrzehnte belegen, dass rein userzentrierte Ansprachen nicht zielführend sind. Der erste Schritt ist, die Menschen, die das Produkt und/oder die Marke bisher noch nicht kannten oder mochten, durch relevante Umfelder mit hoher Reichweite anzusprechen, Awareness zu schaffen und eine Markenbeziehung aufzubauen. Erst im zweiten Schritt folgen dann stark userzentrierte Maßnahmen – maßgeschneidert auf die Zielpersonen.
#AbstrahleffekteGibt’sAuchDigital
"Targeting funktioniert nur bei den US-Playern!"
Ist dem wirklich so? Wir wissen doch, dass Targeting bei Facebook nicht so gut funktioniert, wie alle glauben möchten. Ein Beispiel: Vor einigen Monaten habe ich ein Katzenfoto gelikt. Es war süß. Noch heute bekomme ich immer wieder Katzenfutter angeboten. Aber ich habe gar keine Katze. Somit bin ich – trotz meiner Zuneigung zu diesen Tieren – sicher die falsche Ansprechperson für dieses Produkt. Und genau das können klassische Premiumvermarkter besser: Sie bieten intelligente Targetinglösungen individuell und ausgerichtet auf die anvisierte Zielgruppe in einem relevanten, sicheren Umfeld. So geht userzentrierte Digitalwerbung.
#TargetingIstMehrAlsEinLike
"Wir stoppen unsere Werbung auf Google und Facebook und tragen deren Sonderrolle bei 'Brand-Safety', 'Messbarkeit' und 'Vergleichbarkeit' nicht mehr mit"
Die Quartalszahlen sowie Gespräche mit Kunden und Agenturen zeigen etwas anderes: Trotz aller Kritik erhöht ein Großteil der Werbungtreibenden ihre Etats bei den GAFAs. Budgetkürzungen, die man erst laut kommuniziert und dann nach ein paar Wochen wieder zurücknimmt, sind unglaubwürdig. Wir sollten alle nicht vergessen: Die US-Riesen sind weder Tech- noch Content-Unternehmen. Es sind Vermarkter, und so sollten sie auch behandelt werden. Gleiche Regeln und Standards für alle.
#StehtZuEuremWort
"Der beste Pitch erhält den Zuschlag"
Von wegen. Lasst uns ehrlich sein. Natürlich geht es zu 90 Prozent um den Preis. Zuschläge an die neue (oder alte) Mediaagentur werden oft nicht nach Qualität vergeben, sondern gehen an den Bieter mit dem niedrigsten Preis. Da ist es kein Wunder, wenn Mediaagenturen sich umstrittene Geschäftsmodelle überlegen müssen, erfolgreiche Projekte und Prozesse im "Bäumchen-wechsle-dich-Spiel" unter die Räder kommen und es immer schwieriger wird, den hohen Qualitätsstandard digitaler journalistischer Inhalte aufrechtzuerhalten.
#FairerPreisBesseresMarketing
"Standards für Viewability & Co. werden nicht eingehalten"
Natürlich werden sie das. Arbeitsgemeinschaften wie beispielsweise die Agof geben Regeln vor, an die sich die Vermarkter halten müssen. Lediglich die GAFAs entziehen sich dieser Pflicht und damit einem neutralen Wettbewerbsvergleich. Werbungtreibende spielen das Spiel mit und akzeptieren die autonomen, intransparenten Nutzermessungen der Global Player. Wenn sie wirklich Standards und Qualität wollen, dann sollten sie ihre Gelder verstärkt dort platzieren, wo die gemeinsam mit ihnen vereinbarten Spielregeln künftig weiterentwickelt und von allen eingehalten werden.
#GleicheRegelnFürAlle
Mit den geplanten "Agof Daily Campaign Facts", die die Möglichkeit bieten, neben der digitalen Reichweitenwährung eine einheitliche Kampagnenmessung transparent für alle Marktteilnehmer zu erheben, haben wir gemeinsam die Chance, den Digitalmarkt auf ein neues Qualitätslevel zu heben. Zurzeit zahlen alle Parteien, Publisher, Mediaagenturen und Werbungtreibenden einer Vielzahl von Tech-Dienstleistern für die gleiche Kampagnenkontrolle drei Mal das gleiche Geld. Hier werden Millionen unnütz verschwendet. Millionen, die wir gemeinsam in effektive und gemeinsam entwickelte digitale Marketinglösungen investieren sollten. Schaffen wir es hier, einen fairen Lastenvergleich unter Vermarktern, Werbekunden und Agenturen zu verhandeln, können wir gemeinsam einen großen Fortschritt für die digitale Werbung in Deutschland erzielen. Lassen Sie uns gemeinsam eine Lösung finden und die "Agof Daily Campaign Facts" auf den Weg bringen!