Social Media und CX:
"Die Zeit der Website läuft bald ab"
Social Media ist für viele Marken und Produkte der Kanal, der einen primären Einfluss auf die Markenwahrnehmung hat, findet OneTwoSocial-Geschäftsführer Helge Ruff.
Herr Ruff, was bedeutet eine gute Customer Experience für Sie? Gibt es eine einheitliche Definition überhaupt?
"Customer Experience bedeutete für mich die Summe aller Eindrücke und Erfahrungen, die ein Kunde mit einer Marke über den gesamten Kundenlebenszyklus hat. Es ergibt sich für ihn ein Gesamtbild der Marke. Eine einheitliche Definition ist sicherlich schwierig, wenn man sich an ein starres Modell hält. Früher hat das Kundenerlebnis in den Köpfen der Unternehmen erst mit dem Kauf begonnen, heute beginnt es allerdings schon mit dem ersten Kontakt mit der Marke. Je nach Themengebiet, sind der jeweilige Customer sowie seine Wünsche und Bedürfnisse auch gesondert zu betrachten. Eine Customer Experience bei bspw. AirBnB beschert mir neben einer spektakulären Unterkunft direkt noch Wissenswertes über die Region und stellt mir die Buchung einer regionalen Aktivität in Aussicht. Und das alles auf dem vermeintlich schnellsten und einfachsten Weg. Will ich hingegen Mitglied in einem neuen Fitness-Studio werden, sind für mich ganz andere Dinge ausschlaggebend. Hier interessiert mich einzig und allein das Angebot sowie das Preis-Leistungsverhältnis zu der gebotenen Ausstattung. Daher halte ich eine einheitliche Definition für „gut“ doch für zu subjektiv."
Welche Rolle spielt Social Media in Sachen Kundenerlebnis? Warum können soziale Netzwerke dabei behilflich sein, die Customer Experience zu steigern?
"Die Uhr und somit die Zeit der Websites läuft langsam, aber sicher ab; Social Media ist für viele Marken und Produkte der Kanal, der einen primären Einfluss auf die Markenwahrnehmung hat. Restaurants, Sportveranstaltungen, Musik, Mode uvm.: All das findet man in einer Bandbreite und ggf. in einer Originalität, die eine Website einfach nicht mehr leisten kann. Deshalb lautet hier die Antwort, dass natürlich die sozialen Netzwerke einen enormen Teil der heutigen Customer Experience ausmachen, denn auf viel Lob, folgen viele Fans, Besucher, Käufer etc. – aber Achtung, selbiges kann auch ganz schnell im Gegenteil passieren. Führende Unternehmen machen sich Gedanken über eine konsistente Kundenerfahrung. Das heißt, sie wollen einen roten Faden vom ersten Kontakt, über den Kauf bis zur Kundenbindung kreieren. Social Media hat hierbei wie oben schon erwähnt einen großen Impact. Social Media stellt hier den ersten Touchpoint dar und ist somit auch der sogenannte erste Eindruck, der zählt. Entsprechend hoch ist der Aufwand der Unternehmen inzwischen, ihrer Zielgruppe Unterhaltung und Inspiration ab dem ersten Moment zu bieten."
Wie gelingt eine Rundum-Strategie über alle Kanäle, die die Customer Experience entlang der kompletten Customer Journey betrachtet?
"Ich glaube kaum, dass es hier ein immer-greifendes Allerheilmittel gibt. Zunächst gilt es, seine sogenannten Customer zu kennen, zu verstehen und ihren Ansprüchen gerecht zu werden. Wenn ich dieses Verständnis generell fähig bin zu entwickeln, dann ist die Aufteilung der entsprechenden Maßnahmen auf die jeweiligen Kanäle weniger Kür als Pflicht. Siehe Beispiel aus Antwort Nr. 1, die Personas des AirBnB-Buchers und des Fitness-Studiogängers mögen sich zwar überschneiden, ja sogar die gleiche Person sein, aber dennoch ist die Erwartungshaltung in jeder Situation eine zu 100 Prozent andere. Eine Urlaubsbuchung soll im gesamten Funnel-Prozess inspirieren und mir immer neue Möglichkeiten anbieten, ein Fitness-Studio hingegen soll mich im besten Fall über meine gesamte Abo-Zeit hinweg über alle Kanäle motivieren und anspornen. Wichtig ist aber immer, dass ein konsistentes Bild vermittelt wird und das Kundenversprechen auch eingehalten werden."
Verbraucher erwarten immer mehr und wollen individuelle Angebote, heißt es. Was bedeutet das für die Zukunft?
"Ich glaube, dass sich neben einem immer weiter individualisierten Angebot, auch die Customer Experience individualisieren wird. AI wird in der Lage sein, die Bedürfnisse eines Kunden so individuell zu analysieren, dass jeder Kunde seine ganz persönliche Erfahrung mit einer Marke entsprechend seiner Persönlichkeit und Vorlieben macht."