Mediastrategie:
So stoßen Google und Facebook ins Herz der Unternehmen vor
Werbekunden betten Google- und Facebook-Mitarbeiter als Vorort-Berater für Search- und Social Media-Kampagnen ein. Diese kommen so direkt in die Media-Schaltzentralen der Kunden.
"Die Zukunft von Google und die unserer Partner ist untrennbar verknüpft. In den besten Beziehungen sind wir eine Erweiterung des Teams unserer Kunden", sagte Google-Managerin Tara Walpert Levy kürzlich in einem Interview mit "Horizont". Levy verantwortet das internationale Agentur- und Mediageschäft und Kontakt zu großen Werbekunden in Googles Vermarktungs-Abteilung Large Client Sales (LCS). Die Managerin ist nicht nur bei Agenturen, sondern offenbar auch direkt bei Werbekunden auf einem guten Weg, Googles Vision in die Tat umzusetzen.
Beim Werbekunden eingebettet
Nach W&V-Recherchen binden große, globale agierende Werbekunden Mitarbeiter der Tech-Plattformen mindestens projektweise in ihre Media-Schaltzentralen ein, um Suchmaschinen- und Social Media-Kampagnen vor Ort aufzusetzen und zu steuern. Die von der Plattform entsendeten Mitarbeiter werden als strategische Berater in Kampagnenplanungen involviert, sie veranstalten Vor-Ort-Schulungen und nehmen an entscheidenden Kunden-Meetings teil.
"Generell sitzen Google und Facebook bei großen Kunden schon im Haus", sagt ein Insider. Es sei "ein klarer Trend, Mitarbeiter der Plattformen in den Unternehmen einzubetten", sagt eine weitere, unternehmensnahe Quelle. Es fallen Namen großer Komsumgüter-, Nahrungsmittel und Kosmetikkonzerne wie L‘Oréal, Nestlé, Beiersdorf, Danone, Unilever oder die großer Automarken – BMW, Mercedes, VW.
Vom Innovationstempo überrollt
Google und Facebook bestreiten, dass sie Mitarbeiter als Vorort-Betreuer für Search- und Social- Media- Kampagnen in die Unternehmen entsenden. Viele Unternehmen dementieren, dass sie externe Plattform-Mitarbeiter in ihre Marketingabteilungen einbetten oder verweisen auf ihre internationalen Unternehmenszentralen. Manche antworten lieber nicht auf die Anfrage. Andere, wie Beiersdorf, bitten „um Verständnis, Sie bei diesem Thema nicht mit Statements unterstützen zu können“.
Vielleicht lässt es sich so fassen: Die Grenzen in der Praxis verlaufen fließend - wenn Google und Facebook Mitarbeiter entsenden, um die Werbekunden zu schulen, warum sollten sie vor Ort dann nicht gleich auf aktuellen Kampagnen des Kunden arbeiten?
Brancheninsider gehen jedenfalls davon aus, das mindestens zehn bis 20 großer gobal agierender Werbekunden Plattform-Mitarbeiter ins Haus holen, um Kampagnen aufzusetzen oder zu steuern – nicht zuletzt, um den Veränderungswillen bei ihren Media- oder Kreativagenturen zu stärken, die es kaum schaffen, mit dem Innovationstempo der Tech-Plattformen Schritt zu halten.
Gefühlte Beratungsschwäche von Mediaagenturen
"Das ist ein globales Phänomen", heißt es in unternehmensnahen Kreisen. Nicht immer säßen die eingebetteten Mitarbeiter in Deutschland. Sie sitzen beispielsweise in London, Paris oder New York, um von dort aus internationale Kampagnen für die wichtigsten Werbemärkte in den USA und Europa zu steuern.
Das Phänomen fällt in eine Zeit, in der viele Unternehmen überlegen, welche Aufgabe sie noch an ihre Mediaagenturen auslagern und bei welchen es sinnvoll wäre, sie im eigenen Haus zu erledigen – auch weil es darum geht, die Hoheit über eigene kostbare Daten zu behalten. "Das Phänomen der ‚embedded teams‘ hängt auch mit der wahrgenommenen vermeintlichen Beratungsschwäche von Mediaagenturen zusammen“, sagt Alexander Kiock, Managing Partner der Strategieberatung Diffferent.
Warum globale Werbekunden tradierte Media-Partnerschaften infrage stellen und wie Media- und Kreativagenturen den Fliehkräften auf Kundenseite begegnen wollen, lesen Sie in der Titelgeschichte der W&V-Ausgabe 48 (EVT: 27.11.). Abo?