Brandbuilding wird mit Voice wichtiger denn je

Der Voice-Trend wird sich zulasten des Visuellen vollziehen. Besonders für "Low Involvement Products" ist dies keine zu unterschätzende Entwicklung. Denn greifen Konsumenten im Regal noch nach Produkten, die visuell ins Auge fallen, lautet im Voice-Zeitalter der Befehl schlicht: "Alexa, besorge mir Zahnpasta."

Die Auswahl bestimmt die KI nach Kriterien, die sie für relevant hält. Markenbezogene Impulse kann im organischen Kaufdialog mit Alexa also nur der Konsument selbst einbringen, indem er seine Frage entsprechend umformuliert: "Alexa, besorge mir Zahnpasta von blend-a-med."

Das Zahnpasta-Beispiel verdeutlicht, welche Rolle das Brandbuilding mit dem Aufkommen von Voice einnehmen muss. Verpackungen und aufwändige Maßnahmen am POS verlieren dann bei der Kaufentscheidung an Bedeutung. Ergo sollten Werbung und Marketing darauf abzielen, dass Suchanfragen von Konsumenten – ob per Tastatur oder Stimme, ob bei Google oder Amazon – bereits mit Markenbezug gestellt werden.

Auf diesem Olymp thronen nach wie vor Marken wie Tempo, Tesa und Uhu. Über sie wird schon seit Jahrzehnten als Gattung gesprochen, obwohl es sich um Brands handelt. Auch zukünftig mit Alexa, Siri, Google Home und Co wird sich daran wenig ändern.

Antworten statt Keywords

Konsumenten kommunizieren mit Voice-Assistenten anders, als sie es über Textfeldeingaben im Netz tun. In Suchmaschinen tendiert man gewohnt zu teilweise unspezifischen Keywords und vertraut auf die gefilterten Suchergebnisse.

Die Bindung zu Sprachassistenten dagegen ist persönlicher. Laut Google fühlt es sich für 41 Prozent der Nutzer so an, als rede man mit einem Freund oder Bekannten. Entsprechend wird auch kommuniziert, nämlich üblicherweise mit ausformulierten Sätzen oder Fragen.

 

Google

Voice-aktivierte Konsumenten haben zu konkreten Themen unterschiedliche Fragen an Marken.

Unternehmen sind gut beraten, wenn sie bei der inhaltlichen Optimierung ihrer digitalen Touchpoints entsprechend achtsam sind. Das Credo: weg von optimierten Keywords hin zu konkretem, dialogtauglichem Content. Nach wie vor gilt es, sich in den Konsumenten hineinzuversetzen und seine Fragen an die Marke zu identifizieren.

Abhilfe schaffen dann beispielsweise FAQ Sektionen, die in wechselnder Abfolge ausformulierte W-Fragen mit entsprechenden Antworten beinhalten. Aber auch How-Tos, Lifestyle-Artikel und anderer produktnaher Content können dienlich sein, um die guten Freundinnen Alexa oder Siri beim nächsten Mal den entsprechenden Marken-Content flüstern zu lassen.

Sicherlich ist im Dialog mit der Technologie auch Platz für Werbung, aber wie wird sie ausgestaltet? Und überhaupt: Wenn Amazon einem Produkt mit einer Hausmarke Konkurrenz macht, hat es dann noch eine Chance, von Alexa empfohlen zu werden? Wird der Konsument in zwei Jahren wirklich schon bereit sein, die Stimme den Screens vorzuziehen? Die Vorstellung, dass Sprachassistenten Instagram-Bilder beschreiben oder Youtube Videos erklären, scheint eher unwahrscheinlich.

Markenverantwortliche sollten jetzt aufhorchen

Marketeers sollten sich nicht abschrecken lassen, sondern sich frühzeitig mit Voice auseinandersetzen. Der Trend hin zu echten Dialogen mit Sprachassistenten wird noch etwas Zeit brauchen. Das letzte Jahrzehnt hat aber gezeigt, wie sinnvoll es ist, sich besser früh mit neuen Technologien zu beschäftigen als ihnen später verzweifelt hinterher zu rennen. Und überhaupt: Brandbuilding-Aktivitäten haben noch keiner Marke geschadet.

Patrick Benner führt seit über 20 Jahren die Digital-Agentur Artus interactive in Frankfurt als Inhaber. Als Experte für Digitale Markenführung betreut er dabei internationale Kunden wie Procter & Gamble, Merck, De'Longhi und Henkell.


Autor: W&V Gastautor:in

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