
E-Commerce:
Akanoo-Chef Ferreau: "Wir locken den User bis in den Laden"
Das Berliner Start-up will dafür sorgen, dass Internetsurfer bis zum Kaufabschluss bei der Stange bleiben. CEO Benjamin Ferreau im Interview.

Foto: Akanoo / Lisa Ferreau
Nichts ist ärgerlicher, als wenn der Surfer kurz vor dem Kaufakt abbricht. Das Berliner Start-up Akanoo verspricht hier Abhilfe. Und will den Käufer sogar in den Laden locken. Interview mit CEO Benjamin Ferreau.
Herr Ferreau, wer oder was ist Akanoo?
Wir sind eine digitale Tech-Agentur. Wir setzen künstliche Intelligenz für Onsitemarketing ein. Darüber hinaus bieten wir digitales Kampagnendesign zur Optimierung der Customer-Journey an – onsite und offsite. Der eingesetzte Algorithmus (KI) hilft Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen wie E-Commerce, Retail, Finance, Insurance bis hin zu Automotive dabei, die Onsite-Aktivitäten ihrer Besucher zu verstehen. Dabei werden die Bedürfnisse anhand über 100 verschiedener Parameter analysiert und abgeleitet: Was will und braucht der Besucher um zu kaufen? Durch diverse Kampagnen wird der Besucher individuell angesprochen.
Das heißt, Sie haben das Geschäftsmodell überarbeitet?
Stimmt. Neu hinzugekommen ist der Beratungsansatz. Früher waren wir ein reiner Onsite-Targeting-Dienstleister. Aber wir merkten, dass der Ansatz nicht mehr funktioniert, weil der Algorithmus darauf getrimmt war, stets Gutscheine auszuspielen. Also jedes Mal, wenn der Surfer Gefahr lief, die Seite zu verlassen und den Kaufprozess abzubrechen. Das Kaufverhalten hat sich inzwischen geändert und Gutscheine verloren an Reiz. Zudem wollen die Betreiber von Online-Shops, die eh meist mit geringen Margen kämpfen, lieber andere Anreize, ohne selbst Geld zu verlieren.
Sie analysieren das digitale Suchverhalten. Was genau erfassen Sie?
Grundsätzlich sind es die gängigen Parameter, die wir uns ansehen wie Page-Views, Verweildauer, Click- und Kaufverhalten. Dazu kommen die Learnings, die wir gemacht haben. Aufgrund unserer Daten wissen wir beispielsweise, dass eine Masse User nach sieben Minuten Verweildauer und fünf Page-Views den Prozess abbricht. Diese Insights wenden wir dann auf den einzelnen User an. Wenn er an diesen Punkt gelangt, wird er von uns mit der passenden 'Kampagne' inspiriert und motiviert. Aufgrund der Reaktionen wird das Userverhalten erneut analysiert. Übrigens nicht nur für Online. Ist der User beispielsweise mobil unterwegs, kann es sinnvoll sein, den Store-Locator auszuspielen und ihn in das Ladengeschäft zu locken.
Welche Art Kampagnen stehen zur Verfügung?
Die Kampagnenvielfalt reicht von typischen Discount-Kampagnen wie Gutschein, Free Shipping und anderen über Leadgenerierung, beispielsweise über Newsletter-Sign-up, App-Download und mehr, bis hin zu Special-Service-Kampagnen. Sie werden von unseren Design-Experten konzipiert und designed. Es können aber auch der USP einer Firma sein, interessante Informationen zur Marke, Produktempfehlungen. Oder wir offerieren einen Produktkatalog, ein hochwertiges Lookbook. Dann erhalten wir auch die Adressdaten. Und kontrollieren später, ob die Journey weiter fortgesetzt wurde. Wir stehen erst am Anfang, aber können mittlerweile nachweisen, dass aufgrund eines Katalogs tatsächlich User zurückgekommen sind und auch gekauft haben. Insgesamt sind es über 50 Kampagnenarten, mit denen wir arbeiten. Dazu gehört auch der Chatbot, den wir möglichst intelligent ins Spiel bringen. Bei all dem unterstützen wir unsere Kunden. Und tauchen, wenn möglich, in deren Marketingpläne ein, um beispielsweise Aktionen zu besonderen Anlässen wie Muttertag zu entwickeln.
Gibt es das Akanoo-Angebot nur als Komplettlösung samt Beratung?
Nein, wir haben ein Dashboard entwickelt um Kunden zuschulen, damit sie das System selbst einsetzen können. Aber daswird weniger stark nachgefragt als früher.
Wie sieht es mit Referenzen aus?
Einer unserer Kunden ist Thalia. Da haben wir mit unseren Kampagnen 15 bis 29 Prozent Conversion-Uplifts erzielt. Dann der Streetwearshop Defshop. Wir erreichen dort Click-through-Rates von bis zu 28 Prozent – bei nicht-monetären Anreizen.
Akanoo ist nicht der einzige Anbieter in dem Marktsegment. Was spricht für Sie?
Stimmt, es ist ein sehr kompetitives Feld geworden, quasi ein Agenturgeschäft mit eigener Technologie. Wir müssen mit unserer Story und mit unserer eigenen Technologie überzeugen, mit der Intelligenz, über die wir die richtigen Insights herausfiltrieren. Davon abgesehen sind wir smarter (lacht).
Schreibt Akanoo schwarze Zahlen?
Ende 2019 werden wir den Break schaffen. Wenn alles gut läuft. Für uns war 2018 mit dem modifizierten Geschäftsmodell das bislang beste Jahr. Es gelang gut, Kunden vom performanceorientierten zu einem Software- und Service-Vertrag zu wandeln.