Print-Journalismus:
Das Presse-Grosso muss sich neu erfinden
Bei der Jahrestagung der Grossisten wird deutlich: Die Branche steht vor entscheidenden Veränderungen. VDZ-Manager Philipp Welte fordert eine intensivere Kooperation von Verlagen und Grosso.
Von der wandelnden Mediennutzung ist auch der Pressegroßhandel zunehmend betroffen. Demographischer und sozialer Wandel sowie die fortschreitende Digitalisierung führen dazu, dass das Presse-Grosso den "größten Umbau in der Geschichte des Pressevertriebs der Nachkriegszeit" eingeleitet hat, so Frank Nolte, Erster Vorsitzender des Grosso-Bundesverbands im Rahmen der Jahrestagung in Baden-Baden.
Denn die Branche steht unter Druck: In den ersten beiden Quartalen 2018 ging der Umsatz mit Presseprodukten über das Grosso im Vergleich zu 2017 um 7,2 Prozent zurück, der Absatz brach im ersten Halbjahr 2018 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 10,1 Prozent ein.
Im Zentrum der Agenda stehe nun "ein Dreiklang aus Konsolidierung im Kerngeschäft, Ausbau der Zusammenarbeit mit unseren Top-Kunden sowie Wachstum in neuen Geschäftsfeldern." Durch eine erhöhte Schlagkraft, schlankere Strukturen und neue Standards böten sich den Presse-Grossisten gute Chancen, sich in Wachstumsmärkten zu etablieren, so Nolte.
Die Verantwortung ist groß
Burda-Manager Philipp Welte, Vizepräsident und Vorstand des Zeitschriftenverleger-Verbands VDZ, beurteilt den Veränderungsprozess positiv. Gerade auch in Hinsicht auf die Pressefreiheit, die angesichts der derzeitigen weltpolitischen Lage wichtig sei wie lange nicht: "Wir alle haben eine große Verantwortung, denn unser Kampf für die Freiheit der Presse ist ein Kampf für die Freiheit an sich, ein Kampf für das Fundament unserer Demokratie."
Um das Pressevertriebssystem in eine erfolgreiche und stabile Zukunft zu führen, müssten die Verlage den Weg genauso gehen wie die Grossisten, so Welte weiter: "Der Vertrieb unserer Produkte rückt immer stärker in den Fokus. Ich habe es schon oft gesagt: Das Zeitschriftenregal bei Edeka oder Rewe ist die Lebensader von uns Verlagen, unserer gesamten Industrie und damit gleichzeitig eine zentrale Voraussetzung dafür, dass freier, unabhängiger Journalismus in unserem Land marktwirtschaftlich finanzierbar bleibt."
Kollektives Verändern ist dringend erforderlich
Die Konsequenz, so Welte: "Wir alle müssen uns verändern – in unseren Strukturen, in unseren Prozessen, in unserem Denken." Dieses kollektive Verändern sei der konstruktive Prozess zwischen Verlagen und Grossisten, der am Ende zur Modernisierung des Vertriebssystems führe.
Doch auch die Politik ist gefordert: Grosso-Chef Nolte wünscht sich "faire Rahmenbedingungen". Konkret: Eine Reduzierung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes wäre "ein wichtiger Schritt". Wenig Verständnis zeigt Nolte hingegen für die Aufregung einiger Verlage in Hinsicht auf die seit März geltende neue Konditionenvereinbarung, von der sich insbesondere einige kleinere Häuser benachteiligt fühlen – so gab es beispielsweise eine Anfrage des Arbeitskreises Mittelständischer Verlage beim Bundeskartellamt.
Die Neuerung bringe nun mal für alle Beteiligten "Planungssicherheit, aber auch harte Einschnitte", gibt Nolte zu bedenken. Die Regelung sei jedoch im Markt weithin akzeptiert. "Für die Aufregung einiger weniger Verlage um die Mindestumsatzregelung habe ich kein Verständnis", so Nolte: "Wir halten die Regelung für sachgerecht und diskriminierungsfrei."