Auf den ersten Blick profitieren alle

Auf den ersten Blick ist der Deal ein Gewinn für alle: Noch mehr Kunden erhalten so noch mehr Zugang zu hochwertigen Bio-Lebensmitteln. Demeter erreicht eine breite Bevölkerung, die offen für bio ist, bisher aber nicht den Weg in die Naturkostläden und Bio-Supermärkte gefunden hat. Das bringt mehr Akzeptanz bei der Bevölkerung für das Thema, erschließt neue Käufergruppen und steigert den Umsatz.

Vor allem ist es aber ein Gewinn für die Lebensmittelhändler. Denn sie profitieren von der starken Marke Demeter. Die Strategie von Unternehmen wie Kaufland ist offensichtlich: Mehr Bioprodukte in die Regale stellen und von dem Image, dass die Produkte von dort aus abstrahlen, profitieren. Dass eine Marke wie Demeter, die so stark in ihrem Segment ist, da herzlich willkommen ist, ist da nur folgerichtig.


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Demeter muss aufpassen

Für Demeter selbst lauert jedoch hier die Gefahr.

Zum einen ist da die Sache mit dem Preis. Lebensmitteleinzelhändler - und nicht nur die Discounter - betreiben ihr Marketing über den Preis. Wer das günstige Angebot hat, der gewinnt bei den Kunden. Auch die Bio-Sparte wird über kurz oder lang unter Druck geraten. Und dann sind faire Preise für die Produzenten plötzlich nicht mehr gesichert. Diese Gefahr sieht auch Demeter-Vorstand Johannes Kamps-Bender: "Natürlich sind die Einzelhandelsunternehmen große Player, die historisch gesehen nicht den besten Ruf haben, was faire und langfristige Lieferbeziehungen angeht – meist entscheidet immer noch der Preis darüber, was im Regal steht", gibt er zu. Allerdings betont er auch, dass Demeter sich darauf nicht einlasse und der LEH diesen Weg auch mitgehe. Noch, möchten die Pessimisten unter uns da gerne ergänzen. Billiges Bio ist eben doch nur ein bisschen was Gutes. 

Und dann ist da noch die Sache mit dem Umfeld: Was hat eine Marke davon, in einem Laden zu stehen, wo es an Produkten, die nicht nach ökologisch und ethisch vertretbaren Standards produziert wurden, nur so wimmelt? Da sind die Produkte doch in einem Biosupermarkt oder Naturkostladen deutlich besser aufgehoben. Klar, auch hier ist nicht alles perfekt - ich sage nur: Plastikverpackungen. Aber zumindest sind sich die Eigentümer, Mitarbeiter und Kunden der Bioläden der Problematik bewusst, auch wenn sie nicht sofort die perfekte Lösung parat haben.

Die letzte Frage ist eine ganz generelle: Warum muss sich eine Marke, die alles richtig macht, auf die Verbraucher und Händler zubewegen, die nicht alles richtig machen? Wäre es nicht eine Möglichkeit, Bedingungen zu formulieren, die nicht nur der Marke guttun (so verlangt Demeter beispielsweise eine Premium-Platzierung für seine Produkte), sondern auch dem gesamten Sortiment. So könnte Demeter ja verfügen, nur dann in den konventionellen LEH zu gehen, wenn mindestens 25 Prozent des gesamten Sortiments nachhaltig, fair und bio sind. Denn zu denken, dass sich der LEH ändert, nur weil ein paar Regalböden mit Bio-Produkten ausgestattet sind, ist wohl eine irrige Annahme.

Demeter hätte die Chance, aus seiner starken Marke nicht nur Profit zu schlagen, sondern auch das Verhältnis zwischen Hersteller, Händler und Konsument zu verändern. Diese Chance hat der Verband leider ungenutzt gelassen. 

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Lena Herrmann
Autor: Lena Herrmann

hat bei der W&V ihr journalistisches Handwerkszeug gelernt und dort viele Jahre lang hauptsächlich markenstrategische Themen verantwortet, bevor sie sich als freiberufliche Journalistin und Podcast-Redakteurin selbstständig gemacht hat. Zudem hat sie die Podcast-Formate der W&V maßgeblich entwickelt und betreut. Sie ist Podcast-Host und steht regelmäßig als Moderatorin auf der Bühne.