Wettbewerbsverzerrung:
Der Angriff der Microbrands
Microbrands wie Eos, Allbirds oder Away greifen weltweit etablierte Marken an - und könnten die Goliaths in ein paar Jahren in ernsthafte Schwierigkeiten bringen.
Etablierten Marken in Bereichen wie Sportartikel, Drogeriewaren oder Lebensmittel stehen vor neuen Herausforderungen. Denn kleine Microbrands wie Eos, Allbirds oder Away knabbern an ihren Marktanteilen.
Wie eine Studie der Unternehmensberatung Oliver Wyman zeigt, sind die Umsätze der Microbrands mit bis zu 100 Millionen Euro pro Jahr zwar im Schnitt 266 mal kleiner als die etablierter Brands im Konsumgüterbereich. Doch wachsen sie 19 mal stärker. Beträgt heute ihr Marktanteil nur vier bis fünf Prozent, könnten sie im Jahr 2025 bereits ein Viertel der Konsumgüterbranche ausmachen - auch in Deutschland.
"Eine Microbrand alleine wird keine große Marke zu Fall bringen", sagt Martin Schulte, Partner bei Oliver Wyman. "Doch wenn mehrere Segmente eines etablierten Unternehmens angegriffen werden, kann das durchaus Umsatzeinbußen nach sich ziehen. Oft erkennen die Etablierten die neuen Wettbewerber zu spät, und unterschätzen sie noch häufiger."
Was Microbrands anders machen
Zudem spielen Microbrands nach anderen Regeln und wissen um die Schwächen der Etablierten. Für den Markenaufbau zählt ein kluger Mix aus Marketingkanälen, der den Social-Media-Auftritt und zielgruppengeeignete Testimonials umfasst - Bereiche, in denen Microbrands oft stärker sind. Auch das Verhältnis zwischen Marke und Händler wandelt sich zum Nachteil der Etablierten.
Im Zeitalter von E-Commerce gewinnen oft die Kleinen, die meist unabhängig von ihrer Größe einen Onlineshop betreiben können und sich ohne Gegendruck der großen Hersteller bei Onlinehändlern positionieren. "In puncto Innovation stehen die Kleinen den Großen um nichts nach. Microbrands widmen sich ihren Produktideen mit gebündelter Leidenschaft", weiß Schulte.
Wenngleich Microbrands Konsumenten erlauben, sich zu differenzieren und "anders zu sein", so bergen sie auch Risiken. "Viele der Unternehmen verschwinden schnell wieder vom Markt. Dann hat man keine Gewährleistung oder Reparaturversprechen", sagt Schulte. "Gerade bei den Beauty-Start-ups gab es Fälle, bei denen Konsumenten gesundheitliche Probleme und Hautirritationen bekommen haben - das würde bei einer etablierten Marke nie passieren."
Dennoch: Besonders in den Kategorien Sport und Hobby, Brillenmode, Gesundheit, Haus und Garten sowie bei Getränken setzen Microbrands sich bereits jetzt erfolgreich gegen etablierte Hersteller durch. "Wir erwarten, dass die großen Marken in den nächsten Jahren auch bei Tierzubehör, Schönheit und Pflege, Luxuswaren sowie Unterhaltungselektronik vermehrt Anteile an Microbrands verlieren werden", sagt Schulte.
Anhand von vier Ansätzen könnten etablierte Hersteller laut der Analyse ihre Vorrangposition stärken:
- Vielfalt zulassen: Große Markenhersteller können ihre Position festigen, indem sie neue Segmente besetzen und sich so selbst zum Disruptionstreiber entwickeln.
- Akquisitionen steigern: Zukäufe sind teuer. Gleichzeitig sind sie aber auch der schnellste und flexibelste Weg für große Marken, ihre Fähigkeiten auszubauen und sich gegen Bedrohungen zu schützen.
- Innovationen vorantreiben: Etablierte Unternehmen können Microbrands ihr eigenes Innovationspotenzial entgegensetzen und selbst neue Marken hervorbringen.
- Kooperationen eingehen: Eine Partnerschaft kann für beide Seiten vorteilhaft sein - die Kleinen erhalten Zugang zu den Ressourcen der Großen, während diese ihre Stellung durch zusätzliche Einnahmequellen sichern.