Trendwende:
Digital-Abos werden für Verlage zum Rettungsanker
Die Printverlage befinden sich mitten im digitalen Wandel. Die Druckauflagen sinken seit Jahrzehnten. Doch der allgemeine Negativtrend könnte sich durch die wachsende Zahl an Digital-Abos bald umkehren.
Die Auflagenzahlen der gedruckten Zeitungen gehen seit vielen Jahren zurück. Aber: Eine Umfrage unter den Verlagen deutet jetzt eine Trendwende bei der Gesamtzahl an Print- und Digital-Abonnenten an.
Durch das Wachstum im Digitalen zeichne sich bei manchen Verlagen ab, dass die Gesamtzahl wieder wachse, erläuterte Christoph Mayer von der Unternehmensberatung Schickler die Ergebnisse der Trendumfrage, die gemeinsam mit dem Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) vorgestellt wurden. Mayer: "Wir befinden uns in einer hoch dynamischen und spannenden Zeit für Zeitungsunternehmen. Wir stehen kurz vor dem Wendepunkt wieder wachsender Abonnentenzahlen. In wenigen Jahren wird Digital der Kerntreiber der Umsätze und Ergebnisse sein. Dabei ist die Personalisierung des digitalen Angebots die nächste Stufe; hier gehen Verlage ganz neue Wege."
Laut Umfrage rechnet ein Drittel der Beteiligten bereits ab diesem Jahr mit einem Wachstum der Abo-Gesamtzahl. Weitere 34 Prozent sehen ein Plus ab dem Jahr 2027 und 13 Prozent ab 2032. Und auch die Werbeerlöse wachsen wieder: Im Print-Bereich erwarten die Verlage 2022 ein Wachstum von zwei Prozent, bei E-Papern und Paid Content um starke acht Prozent.
Digitalerlöse kompensieren Print-Verluste
An der Befragung "Trends der Zeitungsbranche 2022" hatten sich 71 Verleger und Geschäftsführer, 39 Chefredakteure und 45 Digitalpublisher beteiligt. Sie repräsentieren nach Auflage über die Hälfte (61 Prozent) der Zeitungen in Deutschland. Die Umfrage in Kooperation mit der Unternehmensberatung Schickler wurde zum achten Mal veröffentlicht.
Weitere Ergebnisse der Trendumfrage: 69 Prozent der befragten Verlage erwarten, dass in fünf Jahren die Digitalerlöse die Rückgänge der Print-Umsätze kompensieren können. Für 2025 gehen erst 31 Prozent davon aus. Und für dieses Jahr sind es 15 Prozent.
Als Trend wird die Personalisierung bei Bezahl-Inhalten genannt. Verlage bauen demnach Algorithmen für personalisierte Angebote auf. Dabei liege der Fokus auf Artikelempfehlungen und Newslettern. Darüber hinaus bedienen die Verlage unterschiedliche Kanäle für identische Inhalte, um die verschiedenen Altersgruppen perfekt zu bedienen. Die Altersstruktur bei den E-Papers liegt im Durchschnitt etwa 20 Jahre unter dem der Print-Leser, während die Online-Abonnenten nochmals deutlich jünger sind. Jünger als die Online-Leser sind wiederum die Hörer von Podcasts. Digitalkompetenz Inhouse aufzubauen, ist in diesem Zusammenhang von entscheidender Bedeutung. Daher planen 62 Prozent der befragten Verlage auch den Aufbau neuer Kompetenzfelder um Themen wie Data Science und Data Analytics.
"Redaktionelle Inhalte der Zeitungen sind für alle Menschen interessant, egal welcher Altersstufe", sagt BDZV-Geschäftsführerin Katrin Tischer. "Die Altersstruktur bestimmt den passenden Ausgabekanal. Was die ältere Zielgruppe bevorzugt als gedruckte Nachricht konsumiert, bekommen junge Menschen am liebsten als Podcast auf die Ohren. Für die Zeitungsverlage ist das eine gute Nachricht. Denn es zeigt, dass sie mit ihren Angeboten gedruckt und digital auf dem richtigen Weg sind."
Chancen und Gefahren
Die größten Risiken sehen die Medienhäuser derzeit in steigenden Kosten bei der Zustellung von gedruckten Zeitungen. Auch der verschärfte Auflagenrückgang wurde als Risiko genannt, ebenso ein weiterer Rückgang des Werbemarktes. Als größte Chancen wurde dies aufgezählt: Wachstum durch digitale Abo-Erlöse, der Aufbau von Geschäftsfeldern abseits des Kerngeschäfts und Wachstum durch digitale Werbeumsätze.
Als relevante Probleme sehen die Printverlage den Datenschutz und den Fachkräftemangel an. Ersten sehen 94 Prozent der befragten Verlage als Thema mit hoher oder gar existentieller Relevanz, letzteren bewerten 68 Prozent als ganz erhebliches Problem. Und auch Nachhaltigkeit wird immer wichtiger: 84 Prozent gehen für die nächsten Jahre von einer hohen Relevanz dieser Thematik aus. (dpa/st)