
Welt-Emoji-Tag:
Emojis in der Werbung: Eine Welt voller Missverständnisse
Am 17. Juli ist Welt-Emoji-Tag. Doch in der Werbung spielen die japanischen Figürchen und Zeichen nur eine untergeordnete Rolle. Kein Wunder, denn die Emojis stecken voller Missverständnisse.

Foto: privat
Tränen lachen, Okay geben, Augen verschließen oder Flagge zeigen: Mehr als 3300 Emojis stehen heute für die digitale Kommunikation zur Auswahl. Mittlerweile gleicht das Sortiment allein zum Thema Essen bei Whatsapp und Co einem All-Inclusive-Buffet, die Tierwelt fleucht wie auf einem Bauernhof. Am Anfang sah das noch ganz anders aus. Im Jahr 1999 entwirft Designer Shigetaka Kurita 176 Piktogramme für den japanischen Mobilfunkanbieter NTT Docomo - darunter Sternzeichen, Herzchen und Wetterphänomene. Die Gesichter mit ihren unverkennbaren Anleihen aus Manga-Comics bestehen damals nur aus Augen und Mund - ohne Kreis. Serviert werden kann nur ein Burger, im digitalen Zoo streunen allein zwei Katzen. Mit dabei sind seinerzeit aber schon die noch heute bekannten Pfeil-Symbole "Soon" und "End". "Schlicht, elegant und prägnant", schreibt das MoMA über die Zeichen von je 12 mal 12 Pixeln. "Kuritas Emojis pflanzten die Samen für die Explosion einer neuen Bildsprache." Das Wort "Emoji" stammt von den japanischen Schriftzeichen für "e" (Bild), "mon" (Ausdruck) und "ji" (Buchstabe).
2010 treten Emojis ihren Siegeszug in alle Welt an
Zunächst ist Kuritas Tableau nur in Fernost erhältlich. Erst mehr als ein Jahrzehnt später setzen die Piktogramme zum weltweiten Siegeszug an. 2010 erhalten die Emojis endgültig ihren Platz im Unicode, dem Standard für digitale Codierung. Zur Auswahl stehen dann schon Hunderte Zeichen. So landen sie auf den Handys von Apple und Google, auf Plattformen wie Facebook und Twitter - und vermehren sich seitdem rege weiter. Regelmäßig hebt oder senkt ein Unicode-Ausschuss den Daumen, wenn es um die Aufnahme neuer Symbole geht. Auch wenn der Einfluss von Designer Kurita auf die heutigen Emojis nicht unterschätzt werden kann, liegt der Ursprung doch früher. Auf einer Entwicklerkonferenz 2016 erinnert Programmiererin Mariko Kosaka an den japanischen Telekommunikationskonzern Softbank. Dessen Pager hat bei seiner Veröffentlichung am 1. November 1997 bereits 90 Bildchen im Programm, darunter den legendären Kothaufen.
Emojis finden nur selten ihren Weg in die Werbung
Während die Emojis jeden Tag millionenfach zum Einsatz kommen in Nachrichtentexten und Emails, sind sie vergleichsweise selten in der Werbung zu finden. Und das hat nicht nur was damit zu tun, dass immer mehr Menschen auf den inflationären Gebrauch der kleinen Zeichen allergisch reagieren. Viele Unternehmen kreieren in Kampagnen daher ihre eigenen Emojis, wie beispielsweise Aldi oder VW.
Der Hintergrund: Die japanischen Zeichen bedeuten in ihrem Ursprungsland oft etwas ganz anderes als hier. In einer Kolumne für Stern.de hat Meike Winnemuth entschlüsselt, wo überall Stolperfallen lauern. So ähneln sich in Japan die Schriftzeichen von "Glück" und "Kacke", weshalb der grinsende Kothaufen angeblich für Glück stehen würde. Und die Pommesgabel, also die Hand, die kleinen Finder, Zeigefinger und Daumen abspreizt steht nicht für den Rocker-Gruß, sondern kommt aus der Gebärdensprache und heißt "Ich liebe Dich".
Kein Wunder also, dass sich die Unternehmen bei soviel Missverständnismöglichkeiten dezent zurückhalten und nur dann Emojis nehmen, wo es eindeutig ist.
Schon vor 4000 Jahren gab es das allerersten Smiley
Und jetzt noch ein großer Sprung in die Vergangenheit: Im türkischen Karkamis nahe der syrischen Grenze gruben italienische Forscher einen fast 4000 Jahre alten Tonkrug aus der Hethiter-Zeit aus. Darauf zu sehen: zwei Augen und ein gebogener Mund. Der Fund gilt als das bislang älteste Smiley. Wie der leitende Archäologe Nicolò Marchetti 2017 anmerkte, war das Gefäß für ein süßes Fruchtgetränk bestimmt. Es zeigt sich: Emotionen werden seit Menschengedenken in Symbole übersetzt. Kuritas 176 Zeichen haben den wohl stärksten Fußabdruck in unserer digitalen Kommunikation hinterlassen. Heute gibt es kaum eine Gefühlslage, Mimik oder Gestik, die nicht dargestellt werden kann. Das Kalender-Emoji hat der Japaner damals noch nicht entworfen. Heutzutage ist auf dem Symbol der 17. Juli aufgeschlagen - auch bekannt als Welt-Emoji-Tag. (dpa/lhe)