Das ist, zumindest in der Theorie, auch der Anspruch des DFB. Oliver Bierhoff, der Teammanager, sagte dem "Spiegel" während der WM-Vorbereitung in Südtirol: "Hoffentlich können sich die Menschen auch in uns widerspiegeln. Ich freue mich, wenn die Mannschaft für etwas steht." Nur für was genau das Team denn nun stehen sollte, blieb vielen Zuschauern im Verlauf des Turniers unklar.

"Der Kern der deutschen Fans, der früher die Stimmung in den Stadien ausgemacht hat, ist in den letzten zehn bis 15 Jahren gebröckelt", sagte Michael Gabriel sogar schon, als Deutschland noch Chancen auf die K.o.-Runde hatte. Er war in Russland für die Anlaufstelle der deutschen WM-Fans verantwortlich, die Fanbotschaft. Ohnehin hat in Deutschland der Vereinsfußball bei vielen aktiven Fans emotional einen höheren Stellenwert als das Nationalteam, sagte kürzlich Harald Lange, Leiter des Instituts für Fankultur in Würzburg.

Zwischen "Marketing-Blabla" und Treueschwüren

Hat der DFB es jetzt zu weit getrieben, schwindet der Zusammenhalt? Auch das soll zur der WM-Aufarbeitung gehören, die Bierhoff und Bundestrainer Joachim Löw für die kommenden Wochen angekündigt haben.

Das Unverständnis macht zumindest auch vor den überzeugtesten Fans nicht Halt. Von "Marketing-Blabla" ist in den Kommentaren auf der Facebookseite des Fanclubs Nationalmannschaft die Rede und von der "Nationalmannschaft & Co. KG". Allerdings: Auch viele Worte des Zuspruchs und Treueschwüre sind dort zu lesen.

Bierhoff geht sogar noch einen Schritt weiter und weist den Vorwurf der zunehmenden Distanz zu den Fans zurück. "Viele Dinge werden aus dem Zusammenhang gerissen. Da wird auch von Entfremdung gesprochen", sagte er am Dienstag. Die TV-Quoten belegten, dass das Interesse weiter groß sei, die Emotionalität spreche für die Bindung der Fans.

Und zur Wahrheit gehört auch: Über allem dürfte letztlich immer der sportliche Erfolg stehen. Denn schon bei der WM 2014 hatte der DFB mit "#AnEurerSeite" einen eigenen Hashtag, die populäre Werbeaktion "Der 4. Stern für Deutschland" von Mercedes begann sogar schon 2010. Die Kritik blieb damals jedoch weitestgehend aus. Der Unterschied: Deutschland spielte begeisternden Fußball. (Christopher Weckwerth, dpa)

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