
Kunstaktion:
Fearless Girl muss umziehen
Zum Weltfrauentag 2017 hatte die Künstlerin Kristen Visbal die Skulptur mit McCann für State Street Global Advisors vor der New Yorker Börse platziert. Jetzt soll das furchtlose Mädchen weichen.

Foto: McCann
Es war der PR-Coup schlechthin. Still und heimlich hatten die Agentur McCann und ihr Kunde, die State Street Global Advisors, die Statue in der Nacht zum 8. März 2017, dem Weltfrauentag, vor der New Yorker Stock Exchange aufgestellt. Innert 24 Stunden wurde das "Fearless" Girl zur Touristenattraktion.
Die Künstlerin Kristen Visbal hatte sie gebaut, um damit auf den Mangel an weiblichen Führungskräften in amerikanischen Unternehmen aufmerksam zu machen. McCann hat für diese Arbeit später unter anderem in Cannes zahlreiche Kreativpreise gewonnen. Hier der Case:
Und jetzt? Die Statue ist weg, wie der Spiegel schreibt. Nur eine Plakette erinnert daran, dass sie hier einmal stand. Die Hände in die Hüften gestemmt, den Kopf leicht erhoben, blickte sie dem "Charging Bull" gegenüber furchtlos in die Augen. Wer will, kann sich an der Stelle platzieren und sich einmal wie das "Fearless Girl" fühlen; etliche Touristen lassen sich das nicht zweimal sagen und greifen zum Selfie-Stick.
Warum das Mädchen gehen muss? "Fearless Girl" war - wie übrigens der Bulle 1989 auch - ohne Erlaubnis aufgestellt worden und sollte ursprünglich nur wenige Tage bleiben, die Stadt hat ihren Verbleib dann aber möglich gemacht. Jetzt ist damit aber Schluss. Das Kunstobjekt soll irgendwo anders in der Nähe der Börse aufgestellt werden, wo, ist noch nicht ganz klar.
Jede Menge Diskussionen
Die Aktion hatte immer wieder für Diskussionen und Kritik gesorgt. Allen voran der Macher des Bullen, der italienische Bildhauer Arturo Di Modica, war unglücklich über die Paarung. Ihm sei die Deutungshohheit über seine Skulptur genommen worden, beschwerte er sich. Der sollte seinen Worten nach nämlich eigentlich die Widerstandsfähigkeit der Amerikaner nach dem Börsencrash 1987 symbolisieren.
Und die Vermögensverwaltung State Street Global Advisors, die mit der Aktion ihren Index vermarkten wollte, der laut Spiegel seit Jahren den Zusammenhang zwischen Frauenquote in Firmenvorständen und dem Unternehmenserfolg untersucht, geriet selbst unter Beschuss, weil sie offenbar ihre eigenen weiblichen Führungskräfte schlechter bezahlt haben soll als Männer in vergleichbaren Positionen.
Aus Protest gegen den "PR-Stunt" hatte der Künstler Alex Gardega dem Mädchen sogar einen pinkelnden Hund ("Pissing Pug") zur Seite gestellt.
Wir sehen: eine komplexe Gemengelage. Die Debatten um das "Fearless Girl" werden sicher weitergehen, egal, wo das polarisierende Stück Kunst am Ende seinen Ort in der Stadt finden wird.