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Genf verbietet ab 2025 Außenwerbung
Werbung verschandele das Stadtbild, findet eine linke Mehrheit im Genfer Parlament. Von 2025 an wird Außenwerbung in der Stadt daher verboten. Das weckt die Erinnerung an den Reformator Johannes Calvin.

Foto: 4kclips / Shutterstock.com
Als erste Stadt in der Schweiz will Genf vom Jahr 2025 an kommerzielle Werbeplakate im öffentlichen Raum verbieten. Den Anstoß gab die Volksinitiative "Null Werbung", die seit vier Jahren dafür kämpft, dass beispielsweise im Genfer Stadtteil Carouge die auf dem Fußweg installierten Plakatwerbewände nicht mehr die Sicht auf das Flussufer der Arve und die schönen Bäume auf den Quais versperren.
Im September wurden ihre Forderungen von der rot-grünen Mehrheit im Stadtparlament angenommen. Unter dem Motto "Zéro pub" soll es innerhalb der Stadtgrenzen keine Verführung mehr zu Konsum und Verschwendung geben. Die FAZ zitiert den sozialistischen Stadtrat Pascal Holenweger mit den Worten: "Wir reden von der Einschränkung des Einflusses der merkantilen Werbung auf die Menschen, die ihr nicht entgehen können."
Die freien Flächen, die künftig nicht mehr mit Plakatwerbung beklebt werden dürfen, will die Initiative freigeben für lokale Vereine, Institutionen oder auch die Einwohner, die darüber freie und künstlerische Meinungsäußerungen veröffentlichen sollen. So soll ein Gleichgewicht zwischen der freien Meinung und der Werbung von Vereinen, Verbänden und Kultur hergestellt werden.
Was Johannes Calvin mit dem Werbeverbot zu tun hat
Mit dem Werbeverbot knüpft die Stadt Genf an die Traditionen des Reformators Johannes Calvin an, der Genf zur sittenstrengen Republik machte. Doch die Rückbesinnung zu den puritanischen Wurzeln könnte die Stadt teuer zu stehen kommen. Die konservativ-liberale Oppositionspolitikerin Michèle Roullet befürchtet Einnahmeverluste von bis zu 4,5 Millionen Franken pro Jahr. Auch die Idee, dass sich die Bürger künstlerisch selbst verwirklichen können, kommt nicht bei allen gleichermaßen gut an. Kritiker befürchten, dass der öffentliche Raum künftig vor allem mit "scheußlichen Graffitis" überzogen wird.
Dass die Strategie aber genauso gut auch aufgehen kann, zeigt eine Erfahrung aus dem Jahr 2017. Damals waren zwei Wochen lang 3.500 Plakatflächen nicht belegt, weil ein Vertrag mit einer Werbefirma ausgelaufen und ein neuer noch nicht in Kraft war. Viele Leute fingen an, auf die weißen Flächen zu malen oder Sprüche darauf zu schreiben. So entstanden richtige Kunstwerke.
Auch in anderen Städten regt sich Kritik gegen Werbung im öffentlichen Stadtbild. In Berlin wurde schon im Juni 2017 ein Gesetzentwurf zur Regulierung der Werbung eingereicht, den das Land Berlin aber im vergangenen Jahr als unzulässig zurückwies, meldet Fashion United. In São Paulo gibt es seit 2007 ein Verbot für Außenwerbung. Und im französischen Grenoble wurden über 300 Werbeträger in der Stadt durch Bäume ersetzt.