
Siemens-Ableger:
Gigaset ändert Strategie und will Smart Homes ausrüsten
Die Herkunft "Made in Germany" macht Produkte meist teuer. Der Telefonhersteller Gigaset versucht es nun mit günstigen Geräten und Service fürs Smart Home.

Foto: Gigaset
Nach langjähriger Krise will der Telefonhersteller Gigaset als Dienstleister für das smarte Zuhause und Produzent günstiger Smartphones "Made in Germany" erfolgreich werden. Das 2008 aus der ehemaligen Siemens-Festnetzsparte hervorgegangene Unternehmen will seine starke Marktstellung bei Festnetztelefonen in Europa als Grundlage der Expansion in den neuen Geschäftsfeldern nutzen.
Nachdem es vor einigen Jahren schon einen sehr ambitionierten, aber gescheiterten Anlauf in Richtung Smartphone-Market gegeben hat, will Gigaset es nun nochmal wissen. Ein Pluspunkt bei den Verbrauchern soll das Thema Qualität "Made in Germany" sein: Gigaset bietet seit vergangenem Jahr Modelle, die im Bocholter Stammwerk hergestellt werden. Doch Herstellung in Deutschland soll bei Gigaset nicht gleichbedeutend mit teuer sein: "Bei Smartphones werden wir nie ein Apple oder ein Samsung - dahinter steht eine ganz andere Strategie", sagte Vorstandschef Klaus Weßing der Deutschen Presse-Agentur in München.
Zur IFA 2015 wollte Gigaset zum ersten Mal groß ins Smartphone-Geschäfte einsteigen, damals mit chinesischen Produktionspartnern. An ihnen scheiterten dann auch die Pläne. Die Geräte waren nicht fehlerfrei und nicht in ausreichender Menge lieferbar, so Insider. BBDO hatte damals die weltweite Kampagne zum Start geplant, inzwischen sei der Vertrag ausgelaufen, heißt es aus der Agentur. Sogar ein Sponsoring mit dem FC Bayern hatte man seinerzeit eingetütet.
Gigaset will mit Smartphones im unteren und mittleren Preissegment von 200 bis 400 Euro punkten. "Da sind nach Marktanalysen ungefähr 1200 Anbieter unterwegs - aber die haben in Europa alle keine bekannte und wirklich starke Marke. Die haben wir", sagte Weßing. Das Modell GS185 kommt mit seiner "Reduktion aufs Wesentliche" durchaus bei den Testern an.
Das Erfolgsrezept soll Schnelligkeit sein: "Der Lebenszyklus eines Smartphones ist nur etwa neun Monate. Wenn man zu lange Produktzyklen hat, erodieren am Ende die Abverkäufe", sagte der Gigaset-Chef. "Es heißt also schnell sein am Markt. Schnell rein, schnell durchverkaufen, schnell etwas Neues bringen."
Nach Weßings Worten verlief der Neustart erfreulich: "Bei Smartphones hatten wir im ersten Jahr einen Umsatz im zweistelligen Millionenbereich, und im zweiten Jahr eine Umsatzsteigerung um 25 Prozent", sagte der Manager. "Wir wollen aber nicht primärer Smartphone-Lieferant werden, freuen uns aber natürlich über unseren Marktanteil von über einem Prozent in Deutschland."
Siemens hatte seine Festnetzsparte 2008 verkauft, Gigaset erbte damit eine starke Stellung bei der langfristig als Auslaufmodell geltenden Festnetztelefonie. "Wir sind in Europa Marktführer für DECT-Schnurlostelefone und unsere Marke ist in ungefähr 200 Millionen Haushalten", sagte Weßing. "DECT-Schnurlostelefone gehen im Markttrend runter, das will ich nicht abstreiten. Deswegen setzt Gigaset auch auf neue Felder."
Vorstoß in Richtung Smart Home
Die in Deutschland hergestellten Smartphones sind nur ein Teil des Plans. "Deswegen die Themen Smart Home, Smart Care, Professional - also Telefonie für Unternehmen. Diese neuen Felder wachsen", sagte Weßing. "Das muss auch sein, sonst hätten wir ein Problem. Das vierte Quartal 2018 war eines der stärksten, das wir je hatten."
Gigaset will kein reiner Industriehersteller mehr sein. "Wir wollen den Bereich Smart Home sehr stark ausbauen", sagte der Gigaset-Chef. "Wir werden auf Dauer komplette Produktlösungen - also Hard- und Software - anbieten und in Zukunft einen großen Teil unseres Umsatzes mit Dienstleistungen erwirtschaften."
Die Kunden könnten künftig bei Gigaset "Pakete" kaufen: "Wenn Sie gerne die Daten der Überwachungskamera speichern möchten, können Sie das haben, wenn Sie einen zusätzlichen Sicherheitsdienst engagieren wollen, können Sie das zukünftig bei uns anfragen."
Das Unternehmen hat harte Jahre hinter sich: "Von den vergangenen 15 Jahren ging zwölf Jahre lang jedes Jahr der Umsatz runter", sagte Weßing. "Deswegen mussten wir handeln, als ich Ende 2015 Vorstand wurde. Wir mussten Mitarbeiter entlassen und uns grundsätzlich anders aufstellen."
Aber Gigaset habe die Wende hinbekommen. "Wir haben Quartal für Quartal geliefert. Wir haben jetzt auch erstmals wieder neue Talente eingestellt. Jetzt sind wir auf dem Weg, uns zu stabilisieren und zu wachsen, das ist eigentlich schon ein Riesenerfolg."
Der Trailer zum Gigaset Smartphone GS 185:
mit dpa