
Lukas Cottrell über Markenstrategie:
Ist BMW zu schwach für Luxus?
Ein Premium-Hersteller ist noch lange keine Luxusmarke. Designstratege Lukas Cottrell analysiert den neuen Markenauftritt der Münchner Oberklasse.

Foto: BMW
Zum Thema Markenstrategie kann man BMW nichts vormachen: Kaum ein Unternehmen hat in den vergangenen Jahren so konsequent auf stringente aber dennoch flexible Art und Weise seine Markencodes weiterentwickelt und ausgebaut. Kaum eine Marke in der Automobilbranche hat so frühzeitig verstanden, die Weichen für die Zukunft zu stellen, indem sie Themenfelder für sich besetzt. Dies reicht von den sportlichen Modellen der M-Serie über Efficient Dynamics und Drive Now bis hin zu Angeboten zur Elektromobilität, die seit 2010 unter der Submarke BMWi vermarktet werden.
Gerade letztere war für BMW wirtschaftlich zwar bislang nur mäßig erfolgreich, hat aber ein Marktsegment erschlossen und einen Imagetransfer auf die Gesamtmarke ermöglicht. Kurzum: Was in den Marketingteams der Münchner das Licht der Welt erblickt, hat Hand und Fuß.
Nun gibt es einen eigenen neuen Auftritt für das Luxussegment. Mehr noch: eine spezielle Identität der Topmodelle mit eigenem Signet. Ziel ist der Aufbau eines Luxus-Ökosystems mit einzigartigen Dienstleistungen und Erlebnissen mit unvergesslichen Momenten. So ist es sinngemäß der Pressemitteilung zu entnehmen.
BMW ist Premium-Hersteller, nicht Luxusmarke
Auf den ersten Blick ist dieser Schritt vielleicht überraschend: Eine neue Markenidentität entwickelt man ja vor allem, um sich von anderen Angeboten abzugrenzen. Also beispielsweise wenn man der Meinung ist, dass der bestehende Auftritt nicht ausreichend Relevanz für die Zielgruppe besitzt. Wenn sich Angebote, Kanäle, Produktversprechen oder Märkte so stark vom Kernangebot unterscheiden, dass die bestehende Identität oder Marke eher hinderlich als hilfreich wäre. Hier darf man irritiert sein: Eine der stärksten Automarken soll zu schwach für Luxus sein? Oder auch: Steht BMW nicht schon für Luxus?
Tatsächlich gibt es einen feinen Unterschied: BMW ist in erster Linie Premium-Hersteller, aber nicht Luxusmarke. Im Bereich der Oberklasselimousinen – also dem GKL+ Segment – haben andere Autohersteller das Tempo in den vergangenen Jahren angezogen und setzten den Mitbewerber aus München spürbar unter Druck. Dieser erkennt den Nachholbedarf und reagiert konsequent: So wie BMW M und BMWi das restliche Angebot nicht schwächer machten, sondern das Gesamtportfolio bereicherten, grenzt man nun auch das Luxus-Segment konsequent ab. So wird es zum Zugpferd, das der bestehenden Marke neuen Glanz verleiht und BMW insgesamt noch stärker macht.
BMW versteht sein Marketing-Handwerk
Über die gestalterische Umsetzung kann man sicherlich streiten: Vielleicht differenziert sie sich an manchen Stellen inhaltlich und visuell zu sehr vom bestehenden Markenauftritt. Das simplifizierte Logo und die ausgeschriebene Wortmarke "Bayerische Motoren Werke" wirken leicht modisch und werden fast etwas beschämt in den Fotos versteckt.
Aber dennoch: Der Schritt, den BMW hier wagt, ist für mich ein weiterer Beleg dafür, dass das Unternehmen sein Marketinghandwerk bestens versteht. Es balanciert sein Markenportfolio optimal aus und passt es den Ansprüchen an eine moderne Markenführung an. Ist BMW also zu schwach für Luxus? Genau das Gegenteil ist der Fall: BMW ist stark genug, um flexibel auf die Bedürfnisse des Marktes in einzelnen Segmenten zu reagieren.