
Weltverbesserungsmarketing:
Oatly nutzt den Zeitgeist
Für den Klimaschutz und gegen exzessiven CO2-Ausstoß: Das ist ein Thema unserer Tage, das alternativen Marken wie Oatly zugutekommt.

Foto: Oatly
Die schwedische Marke Oatly findet zurzeit hervorragende gesellschaftliche Entwicklungen vor: Dass CO2-Ausstoß und Massentierhaltung zunehmend kritisch gesehen werden, spielt dem Haferdrinkhersteller in die Karten: Oatly, eigentlich als Milchersatzprodukt für Laktoseintolerante in den 90ern gestartet, surft heute auf der grünen Welle.
Allerdings, weil es dem Produkt entspricht: Der Haferdrink kommt mit weniger Wasser und Emissionen aus als zum Beispiel Kuhmilch. Und damit fällt es Oatly und seinem CEO Toni Petersson leicht, die Firma glaubwürdig unter den Weltverbesserern einzureihen und die Marke mithilfe der Themen Tierwohl und Klimaschutz zu positionieren.
Vor zwei Jahren trat Oatly-CEO Toni Petersson selbst singend im Werbespot auf.
Nun greift Oatly auch noch zu politischen Mitteln, um die Welt und sein Image zu verbessern: Der Hersteller startet eine Petition über die verpflichtende Angabe des CO2-Fußabdrucks (Kohlendioxid und äquivalente Treibhausgase) auf Lebensmitteln.
Das kommt gut an in diesen Zeiten - und fällt Oatly selbst leicht: Die Marke hat die Angabe zu den CO2-Emissionen (CO2e) auf seinen Produkten mittlerweile eingeführt und möchte nun in der gesamten Nahrungsmittelindustrie dazu Impulse setzen.
Oatly hat am 15. Oktober eine Petition auf der Seite des Petitionsausschusses des Deutschen Bundestages veröffentlicht und muss nun innerhalb von 28 Tagen 50.000 Unterschriften sammeln. Das unterstützt Oatly mit einer Kampagne.
Statt seine Produkte abzubilden, zeigt der Hersteller eine Hand mit Bleistift. Unter dem Motto "Unterschreibe die Petition, damit CO2e-Kennzeichnung von Lebensmitteln Gesetz wird" leitet die Kampagne auf die Website zur Petition.
Erstmals hatte Oatly in Deutschland im Frühjahr 2019 geworben.
Strategie passt zum Trend
Die Stimmung in der deutschen Bevölkerung für Oatlys Anliegen ist gut: Die Schweden berufen sich auf eine Emnid-Umfrage (Juli 2019), der zufolge die CO2-Angabe auf Lebensmitteln ein interessantes Thema für viele Deutsche ist und dass sich 85 Prozent eine Kennzeichnung auf Lebensmitteln wünschen. Kaum ein Konsument (9 Prozent) fühle sich demnach wirklich gut informiert über die Klimafreundlichkeit eines Produktes, 63 Prozent sprechen sich für eine Pflichtkennzeichnung aus, damit sie die Klimabilanz beim Einkauf berücksichtigen können.
Hier sehen viele Verbraucher eine wirkungsvolle Möglichkeit, selbst Einfluss auf den weltweiten CO2-Ausstoß zu nehmen. Gut 80 Prozent der Befragten sehen die Verantwortung, den Klimawandel zu stoppen, nicht allein bei der Politik, sondern auch bei sich selbst.
Tatsächlich macht von den 11,3 Tonnen CO2, die jeder Deutsche im Jahr verursacht (2017; Statistisches Amt der EU), die Ernährung immerhin gut 12 Prozent (1,38 Tonnen) aus. Zu den größten Emittenten gehören Milchprodukte wie Butter und Käse sowie Rindfleisch.
Fast 60 Prozent der Deutschen geben laut Emnid-Studie an, dass ein ausgewiesener CO2e-Fußabdruck auf der Verpackung bei der Kaufentscheidung sehr helfen würde.
Die will Oatly den Verbrauchern natürlich erleichtern und weist nun den CO2-Fußabdruck auf seinen Produkten aus; ermittelt wird dieser vom Institut Carbon Cloud. Abgedeckt würden, so Oatly, "alle über den gesamten Produktionslebenszyklus verursachten Treibhausgasemissionen in Kohlenstoffdioxidäquivalenten – von der Ernte bis zum Supermarkt und individuell für jedes einzelne Produkt".
Diese Form von Transparenz fordert das schwedische Unternehmen nun für alle Hersteller ein. Denn der Wert helfe Verbrauchern "nur dann, wenn sie ihn einschätzen und mit anderen Optionen vergleichen können", sagt Tobias Goj, General Manager Oatly DACH.
Oatly wurde an der schwedischen Universität Lund vom Doktoranden Rickard Öste gegründet. Die pflanzliche Alternative zu Kuhmilch macht aus Hafer ein flüssiges Nahrungsmittel. Laut Hersteller verursacht die Produktion der Haferdrinks bis zu 80 Prozent weniger Treibhausgase als die Herstellung von Kuhmilch. Die Produkte von Oatly sind in mehr als 30 Ländern in Europa, Asien und den USA erhältlich. CEO Toni Petersson gab für 2018 einen Umsatz von 96 Millionen Euro an, in Deutschland hat Oatly unter den Milchalternativen einen Marktanteil von 10 Prozent errungen, schreibt die Zeit im Artikel "Die Milch von morgen" (Ausgabe vom 10. Oktober 2019). Rund 60 Prozent von Oatly gehören den Investoren China Resources (staatlicher Mischkonzern) und Verlinvest (belgische Investoren, u.a. AB Inbev).
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