Worauf basieren Personas, wenn nicht auf Interviews mit echten Menschen? Zum Beispiel darauf, dass man glaubt, die Zielgruppe zu verstehen, ohne mit ihr geredet zu haben. Insights based on Bauchgefühl, dabei ist der typische Agenturmitarbeiter weit entfernt von der breiten Masse. Oder Personas werden mit anekdotischer Evidenz belegt. "Mein Cousin ist auch Zahnarzt, und der surft nur mit seinem iPad". Vielleicht existieren sogar Daten auf Basis von Similar Web, Best4Planning oder Google Trends – nur leider versteht nur ein Bruchteil der Anwender, wie wacklig Hypothesen auf den Erkenntnissen dieser Tools stehen und bei genauem Hinsehen sofort zusammenbrechen können.

Dahinter steckt auch ein psychologisches Phänomen, der Bestätigungsfehler. Informationen werden so gesammelt und interpretiert, dass sie der eigenen Erwartung entsprechen. Kein Wunder, dass man dann lieber nicht noch mal genauer hinsieht und auch nichts davon hören will, dass Robert eine reine Kopfgeburt ist, denn dadurch wäre das hart Erarbeitete in Frage gestellt. Schlimmer noch, was wäre, wenn Robert nicht mal postrationalisiert werden kann.

Zuhören lohnt sich

Interviews kosten Zeit und Geld, allein das Formulieren der Fragen ist eine Wissenschaft für sich, wenn man die Interviewten nicht bewusst oder unbewusst in eine Richtung lenken will. Zeit und Geld aber fehlen häufig genug. Die Gretchenfrage ist, was teurer kommt: Wackelige Insights, auf deren Grundlage hohe Summen an Pitch-, Kommunikations- oder Entwicklungsmaßnahmen ausgegeben werden, oder wenige Personentage, die eine Kommunikation wirklich relevant oder ein Produkt nutzbarer machen?

Das bedeutet nicht, dass die Zeit des Bauchgefühls komplett vorbei ist. Viele tolle Produkte und Kampagnen sind auf Basis von Bauchgefühl entstanden. Aber Bauchgefühl mit echten Insights verhilft zu Lösungen, die Kunden und Nutzer trotz ihrer immer geringer werdenden Aufmerksamkeitsbereitschaft erreichen können. Relevanz entsteht dadurch, dass wir wirklich verstehen, was Menschen denken und brauchen. Zuhören ist in diesen Zeiten wichtiger denn je.

Der Autor: Tom Alby arbeitete bei Google und Kolle Rebbe, eher er als Director Data & Analytics zu Interone wechselte.


Autor: W&V Gastautor:in

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