Geschlechterdiskriminierende Werbung zog wie gewohnt die meiste Kritik auf sich. Sie subsummiert sexistische Werbung, Frauen- und/oder Männerdiskriminierung. In diese Rubrik fielen 121 Beschwerdefälle zu 120 im Vorjahreszeitraum und zeigt damit zahlenmäßig Konstanz. Auch in der Kategorie Ethik und Moral mit 38 Fällen in 2020 zu 39 in 2019 gab es keine Veränderungen.

Die Kategorie mit der dritthöchsten Fallzahl – Diskriminierung von Personengruppen – wies 2020 dagegen eine deutliche Steigerung von mehr als 50 Prozent aus: 32 Fälle zu 21 in 2019. Der Grund hierfür lag in einer auch in Deutschland zunehmenden Sensibilisierung im Zusammenhang mit der weltweit aufgeflammten BlackLivesMatter-Bewegung. So störten sich Beschwerdeführer an der Bewerbung von Frühstückscerealien mit Schokolade an der Abbildung eines schwarzen Jungen neben dem beworbenen Frühstück. Der Werberat sah keine Diskriminierung in der bloßen Abbildung.

Anders verlief der Fall der Social-Media-Werbung eines Dienstleisters, der einen weißen Mann gewinnend lächelnd im Vordergrund zeigte und einen schwarzen Mann im nebligen Hintergrund. In Kombination mit dem Slogan "Inkasso geht auch anders" wurde eine Gut-böse- bzw. eine im wahrsten Sinne der Worte Schwarz-weiß-Situation provoziert: Vom Werberat kontaktiert, zog das Unternehmen seine Werbung sofort zurück.

Digitale Werbung vor Plakaten

Mit 66 Beschwerdefällen lag die digitale Werbung im ersten Halbjahr 2020 (Vorjahreszeitraum: ebenfalls 66) weiter vor den Plakaten mit 47 Fällen (2019: 40 Fälle) und den Fernsehspots mit 44 Fällen (Vorjahr: 33). Innerhalb der digitalen Werbung zogen die sozialen Netzwerke die meiste Kritik mit 36 Fällen auf sich vor den unternehmenseigenen Homepages (12 Fälle) und der Display-Werbung (10 Fälle).

Wie gewohnt zog der Handel, ob stationär oder online, die meiste Kritik auf sich – diese Branche schaltet traditionell die meiste Werbung in Deutschland: 27 Fälle dieser Branche und damit rund 20 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum bearbeitete der Werberat. Die Lebensmittel-Branche wurde in 18 Fällen kritisiert (Vorjahr: 14 Fälle) und die Medien in 17 Fällen (2019: 16 Fälle).

Wenig sensibel: Werben mit dem Virus

Im Lockdown hatten viele werbende Unternehmen eigeninitiativ thematische Änderungen ihrer Kampagnen vorgenommen und z.B. eben keine Osterfeiern im Kreis der Familie beworben, da sie dies als unangemessen empfanden bzw. den Lockdown-Regeln zuwiderlaufend. Den Werberat erreichten einige wenige Beschwerden zu Werbemaßnahmen, die direkt auf Covid19 anspielten, davon wurde keine beanstandet oder gerügt, da die Unternehmen ihre Werbung nach Kontaktaufnahme mit dem Werberat zurückzogen oder bereits selbst zu der Einsicht gelangt waren, dass eine Werbung mit dem Virus nicht besonders sensibel oder geeignet ist.

Rügen im ersten Halbjahr 2020

Eine der insgesamt vier Rügen im ersten Halbjahr 2020 hatte der Werberat bereits im März kommuniziert: Die Internet- und Fahrzeugwerbung der sächsischen Firma Pauland Gebäudereiniger aus Bannewitz verstieß sowohl gegen die "Verhaltensregeln des Deutschen Werberats gegen Herabwürdigung und Diskriminierung von Personen" als auch gegen die "Grundregeln des Deutschen Werberats". Die drei neuen Rügen gehen wegen sexistischer Werbung an die Lausitz-Dach in Cottbus, die bft Tankstelle in Neuhausen auf den Fildern und die Kugelmann Maschinenbau e.K. in Rettenbach am Auerberg.


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Autor: W&V Redaktion

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