Mit dem starken Wachstum im dritten Quartal hat die deutsche Wirtschaft nach Angaben des Statistischen Bundesamtes immerhin einen großen Teil des massiven BIP-Rückgangs vom Frühjahr wieder aufgeholt. Im zweiten Vierteljahr war die Wirtschaftsleistung infolge des coronabedingten harten Lockdowns massiv um 9,8 Prozent eingebrochen.

Private Konsumausgaben steigen

Im Jahresvergleich hinterließ die Corona-Krise allerdings deutliche Spuren. Im Vergleich zum dritten Quartal 2019 schrumpfte das BIP in Europas größter Volkswirtschaft preisbereinigt um 3,9 Prozent.

Angeschoben wurde das Wachstum zum Vorquartal den Angaben zufolge insbesondere von höheren privaten Konsumausgaben (plus 10,8 Prozent) und stark gestiegenen Exporten von Waren und Dienstleistungen (plus
18,1 Prozent). Zudem investierten Unternehmen mehr in Maschinen und andere in Ausrüstungen. Die Bauinvestitionen gingen dagegen um 2,0 Prozent zurück.

"Alles in allem zeigen die Zahlen, dass eine rasche und vor allem breite Erholung möglich ist, sobald die Restriktionen gelockert werden", betonten Experten der Kapitalanlagetochter der Deutschen Bank, DWS. Das dürfte allerdings noch eine Weile dauern.

Durch die sich abzeichnende Verlängerung des Teil-Lockdowns in Deutschland über November hinaus steigt aus Sicht von Ökonomen die Wahrscheinlichkeit eines Rückgangs des BIP im vierten Quartal. Dieser dürfte aber im Vergleich zum Einbruch von März und April "sehr milde ausfallen", sagte Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank.

Weg aus der Krise wird steinig

Ökonomen der staatlichen Förderbank KfW rechnen für das laufende Vierteljahr mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung von rund 1 Prozent. Das wäre weit weniger als im Frühjahr. Die aktuellen Einschränkungen betreffen einen kleineren Teil der Wirtschaft. Zudem schränkten die Maßnahmen von Handelspartnern zur Bekämpfung der zweiten Pandemiewelle die Wirtschaftsaktivität geringer ein als im Frühjahr, sagte Sebastian Dullien vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Das stütze den Export.

Der Weg aus der Krise wird nach Einschätzung von Ökonom Jörg Zeuner allerdings steinig. "Das Schlussquartal des Corona-Jahres 2020 und das erste Quartal 2021 werden deutlich von den Eindämmungsmaßnahmen belastet sein", sagte der Chefvolkswirt der Union Investment Gruppe. Volkswirte der DZ Bank gehen von einer leichten Rezession im Winterhalbjahr aus.

Im Gesamtjahr 2020 wird die deutsche Wirtschaft allen Prognosen zufolge schrumpfen. Die "Wirtschaftsweisen" rechnet mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 5,1 Prozent. Der Sachverständigenrat ist damit etwas optimistischer als Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). Das Wirtschaftsministerium ging zuletzt von einem Einbruch um 5,5 Prozent aus. Dieser wäre mit der historischen Rezession 2009 infolge der globalen Finanzkrise vergleichbar mit damals minus 5,7 Prozent. Im kommenden Jahr soll die deutsche Wirtschaft wieder Fahrt aufnehmen.

Studie: Erholung der Weltwirtschaft wird dauern

Auch ein Blick auf die Weltwirtschaft stimmt wenig optimistisch. So wird sich diese laut einer Studie nicht vor 2022 erholen. Mehr als die Hälfte (57 Prozent) der Unternehmen sind besorgt, dass die ökonomischen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auch nach der Bereitstellung eines Impfstoffs anhalten werden. Dies geht aus einer Befragung unter Führungskräften zu den Auswirkungen der Pandemie hervor, die der Marktforscher Kantar durchgeführt hat.

Ein Drittel der weltweit befragten Unternehmen geht davon aus, dass die wirtschaftliche Erholung innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten nach Ende der Pandemie durch einen Impfstoff eintritt, ein weiteres Drittel erwartet die vollständige Erholung nach einem Jahr und weitere 20 Prozent glauben, dass die wirtschaftliche Erholung bis zu zwei Jahre dauern wird.

In einer Welt nach der Pandemie erwarten die Entscheidungsträger in der Wirtschaft, dass sie ihr Business und die Strategien grundlegend überdenken müssen. 90 Prozent gehen davon aus, dass die Änderungen im Verbraucherverhalten während der Pandemie auch nach der Krise anhalten. Als Reaktion darauf erwarten 64 Prozent, dass sie ihre langfristigen strategischen Prioritäten grundlegend überdenken müssen.

(dpa/W&V)


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