
Verbraucherschutz:
Zuckerstreit: Stadt Hamburg auf der Seite von Lemonaid
Nachdem sich die Hamburger Getränkefirma Lemonaid erneut gegen den Vorwurf des fehlenden Zuckers wehren muss, meldet sich jetzt die Hamburger Behörde für Justiz und Verbraucherschutz zu Wort.

Foto: Lemonaid
Es ist ein Streit, der die Gemüter in Deutschland sichtlich bewegt: Die Hamburger Getränkefirma Lemonaid muss sich aktuell erneut gegen den Vorwurf wehren, ihre Getränke würden zu wenig Zucker beinhalten. Laut den Leitsätzen der Deutschen Lebensmittelbuch-Kommission dürfen Getränke erst dann Limonade heißen, wenn sie einen Gesamtzuckergehalt von mindestens sieben Gewichtsprozenten beinhalten. Mit diversen Produkten unterschreitet Lemonaid diese Marke und wurde zuletzt vom Amt für Verbraucherschutz der Stadt Bonn dafür kritisiert.
Zwei Schreiben der Senatorin sollen für Klarheit sorgen
Auf die Seite des Hamburger Unternehmen hat sich jetzt die Hamburger Behörde für Justiz und Verbraucherschutz gestellt. Sie ist eine von elf Fachbehörden des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg und nimmt die Aufgaben eines Landesministeriums wahr. Senatorin Anna Gallina von den Grünen, die seit Juni 2020 den Posten innehat, hat sich jetzt in zwei Schreiben sowohl an Bundesernährungsministerin Julia Klöckner als auch an die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission gewandt. Beide Schreiben liegen W&V vor.
Aus dem Brief geht hervor, dass sich Gallinas Vorgängerin bereits im vergangenen Jahr, als Lemonaid zum ersten Mail in die Kritik geraten war, an das Bundesernährungsministerium gewandt hatte mit der Bitte, die Leitsätze zu überarbeiten. Offenbar ist seitdem nicht viel passiert, so dass sich die Stadt Hamburg jetzt erneut an Klöckner wendet. Gleichzeitig ging an die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission per Brief die Aufforderung heraus, die Leitsätze zu überarbeiten.
Das Bundesministerium verweist auf die Kommission
Die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission setzt sich aus 32 Mitgliedern zusammen. Diese kommen zu gleichen Teilen aus den Bereichen Verbraucherschaft, Lebensmittelüberwachung, Wirtschaft und Wissenschaft. Unterstellt ist es dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Das wiederum stellt sich in einer Stellungnahme auf die Seite von Lemonaid. "Wir haben das klare Ziel, in Fertiglebensmitteln und auch Erfrischungsgetränken den Gehalt von Zucker zu reduzieren. Mit unserer Nationalen Innovations- und Reduktionsstrategie sind wir hierbei auf dem richtigen Weg – das zeigen die Ergebnisse einer ersten unabhängigen wissenschaftlichen Überprüfung. Umso mehr haben wir die klare Erwartung, dass sich die Deutsche Lebensmittelbuch-Kommission der aktuellen Problematik nun zügig annimmt und die entsprechenden Leitsätze überprüft", sagt Hans-Joachim Fuchtel, Parlamentarischen Staatsekretär bei der Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft.
Auch im Rahmen einer Aktion vor dem Bundesministeriums machten die Macher von Lemonaid eine ähnliche Erfahrung. Sie hatten am Mittwoch dort eine Statue aus Zucker mit dem Konterfei von Julia Klöckner aufgestellt. Die Ministerin selbst kam nicht selbst nach draußen, um mit Lemonaid das Gespräch zu suchen. Aber Staatssekretärin Beate Kasch unterhielt sich mit den Unternehmern, wies "jedoch jegliche Verantwortung vom Ministerium von sich", heißt es bei Lemonaid.
Die Süßwarenindustrie pocht auf ihre Freiheit
Auch der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie hat sich zu dem Thema bereits zu Wort gemeldet. Die Süßwarenhersteller drängen in einer Stellungnahme darauf, dass sich der Gesetzgeber nicht in die Rezeptur der Süßwaren einmischen darf, um sie gesünder, weniger zucker- oder fetthaltig zu machen. "Die Vermittlung von Kompetenzen hält der BDSI für zielführend, staatliche Eingriffe in den Markt hingegen nicht", heißt es in dem Papier.