Jetzt in Ruhe nachhören: Inflation – So kommen Marken durch die Krise

Warum Uwe Storch, OWM, mit dem Begriff "Shrinkflation" wenig anfangen kann, erzählt er im W&V-Chefredaktionstalk zum Thema Inflation. Weitere Gäste: Andreas von der Gathen (Simon-Kucher & Partners), Isabelle Rogat (thjnk) und Petra Süptitz (GfK). Wie sich aktuell Kaufkraft, Konsumverhalten, Budgets sowie Mediapläne ändern und warum Markenartikler ihre Preise erhöhen müssen. Für euch hier kostenlos zum Nachhören: wuv.de

Es gibt sogar schon ein Wort dafür: "Shrinkflation" - eine Verbindung des englischen Wortes für Schrumpfen - shrink - und Inflation. "Wir werden das in Zukunft öfter sehen als in der Vergangenheit", ist der Marketing-Experte Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU in Düsseldorf überzeugt. Der Grund: Handel und Hersteller scheuten sich, die eingeübten Preisschwellen wie beispielsweise 1,99 Euro zu überschreiten. "Wenn eine solche Schwelle überschritten wird, erscheint ein Produkt plötzlich deutlich teurer und es besteht die Gefahr, dass die Absatzmenge drastisch einbricht", beschreibt Fassnacht das Problem.

Absurde Argumentation: "Froh, durch die Mengenreduzierung nicht mehr bezahlen zu müssen."

Der Experte hat durchaus Verständnis für diese Praxis. Er findet aber, die Hersteller sollten dann gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern mit offenen Karten spielen. "Wichtig ist aus Fairness-Gründen, dass die Hersteller bei Mengenreduzierungen auch die Verpackungen verkleinern." Dann könnten sie durchaus auch auf Verständnis der Konsumenten hoffen. "Manch einer ist vielleicht auch froh, durch die Mengenreduzierung nicht mehr bezahlen zu müssen." 

Auch die Packung sichtbar verkleinert: Haribo wähnt sich auf der fairen Seite

Beispiele für solche "Schrumpfkuren" gibt es aktuell zuhauf. Haribo etwa verkleinerte kürzlich seine Goldbärentüte von 200 auf 175 Gramm. Der empfohlene Preis von 0,99 Cent blieb gleich - trotz 12,5 Prozent weniger Inhalt. "Als Unternehmen sind wir bereits seit Anfang des Jahres mit außergewöhnlich steigenden Kosten für hochwertige Zutaten, aber auch für Folien, Verpackungsmaterialien, Kartonage sowie Energie und Logistik im hohen doppelstelligen Bereich konfrontiert", begründete Haribo den Schritt. Das Unternehmen passe Verpackungsgrößen und Preis an, um weiterhin erschwinglich zu bleiben. "Wichtig war uns, dass wir nicht mehr 'Luft' im Beutel haben, also den Beutel in seiner Größe beibehalten, sondern auch den Beutel sichtbar verkleinern", betonte ein Unternehmenssprecher. Dadurch sei die Verringerung der Füllmenge für die Kunden klar erkennbar.

Auch bei anderen FMCG-Produkten wie Waschmittel schrumpft der Inhalt

Auch der Markenartikler Henkel ging bei seinem Weichspüler Vernel einen ähnlichen Weg. "Da wir die Kostensteigerungen in einigen Fällen nicht vollständig auffangen konnten, haben wir uns entschieden, die Füllmengen unserer Produkte teilweise anzupassen", berichtete das Unternehmen. Der Knabberartikel-Hersteller Intersnack sah sich ebenfalls durch den Kostenanstieg "zur Anpassung der Füllmenge der Ültje Erdnüsse" gezwungen. Aber auch bei Marmelade, Margarine, Chips und sogar Tiefkühlpizza stießen die Verbraucherschützer in den vergangenen Wochen auf schrumpfende Packungsinhalte.

Viel Ärger hingegen hat sich Upfield mit seiner Produktstrategie für Rama eingehandelt: 400 statt 500 Gramm Inhalt bei gleicher UVP und unveränderter Verpackung. "So viele Beschwerden haben wir noch nie für eine Packung erhalten", berichtet die Verbraucherzentrale Hamburg und verlieh der neuen Rama-Aufmachung den Negativpreis "Mogelpackung des Monats".

Verboten sei das nicht, räumt Valet ein. Aber es sei natürlich eine Trickserei zu Lasten der Kunden. Auffällig ist nach seinen Worten, dass auch Supermärkte und Discounter bei ihren Eigenmarken immer öfter zu solchen verstecken Preiserhöhungen greifen. Dies habe in der Vergangenheit eher Seltenheitswert gehabt.

Prognose: Die nächsten Schrumpfkuren sind schon vorbereitet

Gestiegen ist nach Angaben der Verbraucherzentrale Hamburg aber auch die Häufigkeit sogenannter doppelter Preiserhöhungen auf der Mogelpackungsliste des Verbandes. Gemeint sind damit Produkte, bei denen nicht nur die Füllmenge reduziert, sondern zusätzlich der Preis vom Handel erhöht wurde. Betraf das in den vergangenen zwei Jahren durchschnittlich 18 Prozent der aufgenommenen Artikel, so waren es im ersten Halbjahr 2022 bereits rund 35 Prozent.

Ein Ende der Schrumpfkur bei Produkten des täglichen Bedarfs erwartet der Verbraucherschützer Valet vorläufig nicht. Im Gegenteil: Der Höhepunkt könnte noch bevorstehen. Der Handel brauche ungefähr ein halbes Jahr Vorlauf zur Umstellung der Etiketten und dem Abverkauf der alten Ware, rechnet er vor. "Ich danke, dass da noch einiges auf uns zukommen wird." (rom mit dpa)

Inflation – So kommen Marken durch die Krise

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